Die Endzeitstimmung in der Ampel-Koalition spitzt sich weiter zu. Nun will die Grünen-Fraktion im Bundestag das geplante Steuerpaket von Finanzminister Christian Lindner (FDP) offenbar nicht mehr unterstützen. Die Grünen werfen ihm einem Medienbericht zufolge vor, jetzt auch Besserverdienende entlasten zu wollen.
Lindners Plan war es, zum Jahreswechsel die Freibeträge anzuheben und so die sogenannte "kalte Progression" abzuschwächen. Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass jährliche Lohnerhöhungen für die Menschen zu einer steuerlichen Mehrbelastung führen sollen.
Eigentlich hatten sich die Ampel-Minister bereits darauf geeinigt, der "kalten Progression" durch die Anpassung der Freibeträge entgegenzuwirken. Für Arbeitnehmer:innen könnte eine solche Entlastung teilweise mehre hundert Euro mehr Nettoeinkommen bedeuten. Insgesamt könnte es so Entlastungen in Höhe von rund 23 Milliarden Euro geben.
Mitte Oktober hatte Lindner vorgeschlagen, den Grundfreibetrag für 2025 auf 12.096 Euro zu erhöhen. Im Jahr 2026 wollte er dann einen Freibetrag von 12.348 Euro.
Die "Bild" will aus Koalitionskreisen erfahren haben, dass am vergangenen Freitag eine koalitionsinterne Sitzung zu diesen Plänen nach rund 45 Minuten wegen Differenzen zwischen den Grünen und der FDP abgebrochen wurde. Die Grünen hätten den Liberalen in der Sitzung demnach vorgeworfen, mit dem Paket jetzt auch Besserverdiener entlasten zu wollen. Außerdem wolle Lindner die Freibeträge noch stärker anheben als bisher geplant.
Zum Zeitpunkt der Koalitionssitzung war im politischen Berlin bereits Lindners Papier für Maßnahmen zum Ankurbeln der Konjunktur im Umlauf. Dieses sorgte in den vergangenen Tagen für viel Streit in der Ampel.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Christoph Meyer, kritisiert gegenüber "Bild" die Reaktion der Grünen: "Die Grünen behaupten, sie stehen zur Wirtschaftswende. Gleichzeitig verhindern sie aber die zentralen Punkte aus der Wachstumsinitiative. Bei den Grünen dominieren Leistungsfeindlichkeit und Sozialneid." Zudem forderte Meyer Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf, die Fraktion wieder auf Linie zu bringen.
Dieser beriet sich am Dienstagmorgen zwei Stunden in einer erneuten Krisensitzung mit Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Sie diskutierten darüber, ob sich die Regierung auf eine gemeinsame Wirtschaftspolitik einigen kann.
Ob die Steuerreform ebenfalls ein Thema der Diskussionen war, ist nicht bekannt. Am Mittwoch trifft sich dann die Ampel zum sogenannten Koalitionsausschluss. Können sich die Parteien bis dahin nicht einigen, droht das Aus der Regierung.