"Sagt mal, von wo kommt ihr denn her?" – So beginnt nicht nur das Lied der Schlümpfe, sondern so beginnen auch viele unangenehme Begegnungen zwischen Deutschen und anderen Deutschen, die die ersten Deutschen nicht für Deutsche halten.
Du kommst nicht mehr mit?
Darum geht's:
Die Frage, wer eigentlich Deutscher ist, treibt die Deutschen schon seit langen Zeiten um. Bis ins Jahr 2000 wurden Menschen nur als Deutsche geboren, wenn sie auch deutsche Eltern hatten – das ist das Abstammungsprinzip, auch lateinisch "Ius sanguinis" ("Recht des Blutes") genannt. Seit 2000 gilt zusätzlich auch das Geburtsortsprinzip. In den USA hingegen ist seit eh und je amerikanischer Staatsbürger, wer auf amerikanischem Boden geboren wurde.
Diese Unterschiede im Staatsangehörigkeitsrecht haben nicht nur massive Auswirkungen auf den rechtlichen Status der Kinder von Migranten. Sie sind auch ein Spiegelbild dessen, wie eine Gesellschaft Begriffe wie "Volk" und "Staatsangehörigkeit" begreift. Während im Einwanderungsland USA zumindest außerhalb des rechten Randes klar ist, dass jeder Teil des amerikanischen Volkes ist, der einen amerikanischen Pass hat, liegen die Dinge in Deutschland traditionell anders.
"Ich komme aus Herne"
Und damit sind wir wieder bei der Eingangsfrage angelangt: "Wo kommst du eigentlich her?" Diese Frage kennen viele Deutsche, die von anderen nicht für Deutsche gehalten werden, nur allzu gut. Weil ihre Vorfahren nicht aus Deutschland, sondern etwa aus der Türkei, dem Libanon, oder aus dem Vietnam kamen. Weil ihre Namen nicht "deutsch" klingen. Weil sie nicht weiß sind. Weil sie nicht dem Bild des Deutschen mit vermeintlich "deutschem Blut" entsprechen.
Aufwind bekam die Diskussion um die Herkunftsfrage in der vergangenen Woche durch Dieter Bohlen (Herkunft: Berne in Niedersachsen, musikalische Herkunft: Hölle). Schon im November 2018 fragte Bohlen als Juror der Castingshow "Das Supertalent" ein fünfjähriges Mädchen, wo sie denn herkomme. Sie sagte ihm, sie sei aus dem nordrhein-westfälischen Herne, Bohlen stellte das nicht zufrieden. Er wollte wissen, wo denn ihre Eltern herkommen. Das Mädchen war überfragt, teilte Bohlen mit, dass sie das nicht wisse. Die Mutter, die am Rand der Bühne stand, erklärte Bohlen schließlich, sie komme aus Thailand.
In der vergangenen Woche landete der Ausschnitt aus dem "Supertalent" bei Twitter, sorgte für viel Empörung und viele Diskussionen. Das Nachfragen sei rassistisch, fanden die einen, Dieter Bohlen habe doch lediglich Interesse bekundet, meinten andere.
"Millionen werden zwangsmigrantisiert"
In ihrer am Wochenende erschienenen Spiegel-Online-Kolumne beschreibt die Journalistin und Kolumnistin Ferda Ataman nun den "ethnischen Ordnungsfimmel" in Deutschland, der sich in der Herkunftsfrage zeige. Über den unangenehmen "Supertalent"-Moment schreibt sie:
"Das Kind dachte bis zu dieser Begegnung doch tatsächlich, es sei aus Herne und von hier. Leider wird ihr im Laufe ihres Lebens wohl noch öfter klargemacht, dass das nicht so sei."
Millionen von Menschen, erklärt Ataman, würden immer wieder "zwangsmigrantisiert", viele seien genervt davon. Und trotzdem würden sie immer wieder auf Unverständnis stoßen: Was soll an der unschuldig-interessierten Frage "Wo kommst du eigentlich her?" schon falsch sein? Die Frage, so Ferda Ataman, sei ein "Relikt aus dem völkischen Nationalismus".
Mit ihrer Kolumne und einem Tweet startete sie nun eine ganze neue Hashtag-Welle. Unter #VonHier berichten Menschen, wie sie mit den Fragen nach der Herkunft umgehen – und was sie mit ihnen machen.
#VonHier
Die Tweets, die seit Sonntagvormittag unter dem Hashtag veröffentlicht wurden zeigen, wie problematisch diese Fragen nach der "eigentlichen Herkunft" sein können.
Wer wird nicht gerne von fremden Leuten im Zug nach der Herkunft seiner Ahnen gefragt?
Woher? Pankow.
"Sie sprechen aber gut deutsch"
Kleiner Tipp: Das ist kein Kompliment!
Auch die SPD-Politikerin Sawsan Chebli teilt unter #VonHier ihre Erlebnisse:
Hast du ähnliche Erfahrungen erlebt? Berichte uns gerne in den Kommentaren, oder unter #VonHier!
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