
Reichsbürger erkennen Deutschland nicht als Staat an.Bild: imago images / ZUMA Press Wire / Sachelle Babbar
Deutschland
Rund 26.000 Reichsbürger:innen, so schätzt es der Verfassungsschutz im Jahr 2024 ein, gibt es in Deutschland. Einer von ihnen ist Steffen S. Sein Fall zeigt, wie in der Szene systematisch Steuern hinterzogen werden.
31.07.2025, 17:5531.07.2025, 17:55
Reichsbürger:innen behaupten, die Bundesrepublik Deutschland sei kein legitimer Staat und erkennen deshalb dessen Gesetze, Gerichte und Behörden nicht an – deshalb sind sie auch der Meinung, keine Steuern bezahlen zu müssen.
Inzwischen wissen sie auch offenbar ganz genau, mit welchen Methoden sie sich die Finanzämter möglichst vom Leib halten können. Die haben es teilweise aufgegeben, die Steuern einzutreiben. Die Summen, die dem Staat dadurch fehlen, sind immens.
Reichsbürger flutet Finanzamt mit Drohschreiben
So ist es auch im Fall von Steffen S., der durch sein penetrant aggressives Verhalten gegenüber den Finanzbehörden erreicht hat, dass diese vor ihm kapitulieren. Innerhalb von vier Jahren soll S. gemeinsam mit Kompliz:innen Ermittlungen zufolge mindestens 800 Drohschreiben an Finanzämter und andere Behörden versandt haben, berichtet die "Zeit".
Hinzu kamen aggressive Anrufe und Drohungen. "Den Herrn Becker (Anm. d. Red.: Name geändert) habe ich auch fertig gemacht", soll er gesagt haben.
Werner Becker ist Steuerfahnder in Thüringen, dem zwei junge Männer das Auto mit Altöl beschmiert und zertrümmert haben. Gegenüber der Polizei erklärten diese, von einem Reichsbürger geschickt worden zu sein. Laut "Zeit" steckt Steffen S. dahinter.
Schließlich stellte S. eine horrende Schadenersatzforderung von über 77,9 Millionen Euro an das Amt und behauptete, Steuerfahnder Becker müsse persönlich dafür aufkommen. Sein letzter Aufschlag, um das Amt vom Eintreiben seiner Steuern abzuhalten. Der saß.
Noch am selben Tag sei dem Bericht zufolge die "Niederschlagung" seiner Steuerrückstände beantragt worden: ein Betrag von rund 700.000 Euro. Dabei gab es Hinweise, dass S. noch hätte zahlen können. Dennoch genehmigte das Finanzministerium in Erfurt den Antrag.
Das bedeutet: Die Behörden treiben die Steuerschulden von Steffen S. nicht mehr ein.
Zwar kann die Vollstreckung wieder aufgenommen werden, doch es ist unklar, wann und ob das überhaupt passiert. Warum das Land Thüringen aufgab, ebenso.
Reichsbürger versuchen systematisch, Steuern zu vermeiden
Recherchen der "Zeit" zufolge tun sich Finanzbehörden aber generell schwer mit Reichsbürger:innen. Jahrelang hätten diese zur Steuerhinterziehung aufrufen können, weil der Tatbestand in der Szene nicht konsequent verfolgt worden sei.
Steffen S. habe mit immer neuen Tricks versucht, die Steuerzahlungen zu umgehen. Er soll mit einer weiteren Person zusammen sogar eine Bande angeführt haben, die Finanzämter systematisch mit Auskunftsersuchen nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) überschüttet haben soll. Haben diese nicht schnell genug reagiert, hätten sie eine Entschädigung von 500 Euro pro Monat gefordert.
Sie sollen sogar Privatadressen von Mitarbeitenden recherchiert haben, um diese einzuschüchtern. Die Polizei habe eine entsprechende Anleitung gefunden, berichtet die Zeitung.
Steffen S. sitzt inzwischen in Untersuchungshaft, ist angeklagt. Der Vorwurf: Gründung einer kriminellen Vereinigung. Sein Anwalt äußert sich nicht zu den Vorwürfen, weist aber darauf hin, S. sei nicht gewalttätig.
Elf Millionen Euro Steuern fehlen alleine in Thüringen
Der Fall von Steffen S. ist kein Einzelfall. Finanzbeamte aus anderen Bundesländern haben Erfahrungen mit ähnlichen Methoden durch Reichsbürger:innen gemacht; inklusive des Androhens von Gewalt.
Während die Reichsbürger:innen ihre Masche professionalisieren, wissen Bund und Länder nicht, wie viele von ihnen Steuern hinterziehen. Lediglich das Finanzgericht Thüringen konnte der "Zeit" nach einer Stichprobe unter Finanzgerichten konkrete Zahlen nennen. Zwischen 2020 und 2025 seien 97 Verfahren anhängig gewesen – mit einem Streitwert von insgesamt 11.487.148,71 Euro.
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