Es war in den vergangenen Jahren bereits zu spüren. Die Kirche wurde im öffentlichen Auftreten tendenziell immer netter und prinzipientreuer (Stichwort: Nächstenliebe), die Union wiederum immer konservativer. Langsam äußerten Kirchensprecher:innen immer häufiger Kritik am harten Migrationskurs der Union.
Die Union antwortete wiederum deutlich mit lautem Schweigen und Ignorieren der kirchlichen Äußerungen – bis jetzt. Ausgerechnet Julia Klöckner, im neutralen Gewand der Bundestagspräsidentin, sagte an Ostern, die Kirche würde sich "wie eine NGO" benehmen und sich zu häufig zu tagesaktuellen Themen äußern:
Klöckner, immerhin studierte Theologin, bekam einerseits viel Kritik, auch aus der eigenen Partei zurück. Einige ihrer Kolleg:innen legten jedoch auch nach – mitunter auf peinliche Weise.
Unter anderem meldete sich auch der Hamburger Jungpolitiker Christoph Ploß, seines Zeichens Kulturkämpfer innerhalb der Christdemokrat:innen. Er forderte in den vergangenen Jahren etwa häufiger, dass Gendern an Schulen und Universitäten verboten wird.
Sein liberales Gemüt wurde nun in der Diskussion um die Rolle der Kirche geweckt. Die Kirche sollte überparteilich sein, natürlich auch keine "CDU 2.0" und müsse "selbstverständlich auch nicht immer sagen, was uns Christdemokraten gefällt". Doch viele Kirchenvertreter würden sich derzeit "eher wie linksgrüne Parteipolitiker" geben, erklärte Ploß dem "Spiegel".
Während seine ebenfalls hochrangigen Kollegen Armin Laschet, ehemaliger Fast-Kanzler, und Dennis Radtke, Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, etwa finden, die Kirche sei schon immer politisch gewesen, äußerte Ploß:
Es stimmt natürlich, dass die Kirchen immer mehr Mitglieder verlieren. Unklar ist jedoch der wirkliche Grund, womit die Menschen ihren Austritt erklären. Gleichzeitig verliert die CDU ebenfalls an Mitgliedern.
Darauf machte auch der Politologe Andreas Püttmann bei X aufmerksam. Laut Püttmann hatte die CDU 1984 noch "730.000 Mitglieder". Mittlerweile sind es "rund 360.000. Die Hälfte ist weg". Vermutlich hat Püttmann recht, 1990 hatte die CDU laut Daten der Freien Universität Berlin sogar noch knapp unter 790.000 Mitglieder.
Anschließend verspottet Püttmann Ploß als "die Nervensäge" aus der "geradezu implodierten Hamburger CDU". Dass ausgerechnet CDU-Mann Ploß der Kirche Mitgliederverlust vorwirft, findet er "dummdreist".
Klöckners Äußerungen dürften indes weiter für Diskussionen sorgen. Das Verhältnis von Kirche und CDU ist so stark belastet wie lange nicht mehr.