Alice Weidel wurde zur ersten Kanzlerkandidatin der AfD gewählt.Bild: dpa / Sebastian Kahnert
Deutschland
Nach ihrer Kür als AfD-Kanzlerkandidatin hat Parteichefin Alice Weidel einen radikalen Kurswechsel in der deutschen Politik in Aussicht gestellt. Sollte die AfD in Regierungsverantwortung kommen, würden die deutschen Grenzen "dicht" gemacht und es werde "Rückführungen in großem Stil" geben, sagte Weidel am Samstag beim AfD-Parteitag in Riesa.
Dabei machte sie sich ausdrücklich auch den umstrittenen Begriff "Remigration" zu eigen: "Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration", sagte sie unter dem Jubel der Delegierten.
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Auch in anderen Politikbereichen strebt die AfD laut Weidel eine drastische Kursumkehr an. Eine Regierung unter ihrer Beteiligung würde "alle Windräder niederreißen" sagte sie. "Nieder mit diesen Windmühlen der Schande", fügte Weidel hinzu. Eine AfD-Regierung würde funktionsfähige Kernkraftwerke "natürlich wieder ans Netz nehmen".
Alice Weidel spricht von Queer-Wokeness und Remigration
Weidel stellte zudem Einschnitte in die Wissenschaftsfreiheit in Aussicht. "Soll ich sagen, was wir tun, wenn wir am Ruder sind? Wir schließen alle Gender Studies und schmeißen alle diese Professoren raus", sagte die AfD-Kanzlerkandidatin, deren Partei vom Verfassungsschutz als in Teilen rechtsextremistisch eingestuft wird. Sie beklagte, dass Universitäten in Deutschland zu "queer-woken Kaderschmieden" gemacht würden.
Der Schwerpunkt von Weidels Rede lag auf der Migrationspolitik. Die AfD würde in den ersten 100 Tagen einer Regierungsbeteiligung "die Grenzen lückenlos schließen und jeden illegal und ohne Papiere Einreisenden zurückweisen", sagte sie. Es werde eine "ganz klare Ansage an alle Welt" geben: "Die deutschen Grenzen sind dicht."
Deutschland werde bei einer AfD-Regierungsbeteiligung auch aus dem gemeinsamen EU-Asylsystem aussteigen, sagte Weidel. Als Vorbilder nannte sie die migrationskritischen Regierungen in Ungarn und den Niederlanden.
Weidel ging ausdrücklich nicht auf Distanz zu dem Begriff "Remigration". Dieser Begriff wird laut Bundeszentrale für politische Bildung seit einigen Jahren "verstärkt von rechtspopulistischen und rechtsextremen Akteuren genutzt" als beschönigende Umschreibungen für die massenhaften Ausweisungen von Menschen mit Migrationshintergrund. "Remigration" war in Deutschland zum "Unwort des Jahres 2023" gewählt worden.
Weidel machte Menschen mit Migrationsgeschichte für die Kriminalität in deutschen Städten verantwortlich. "Wer verwüstet unsere Innenstädte?", sagte sie. "Wer macht seine Verachtung gegenüber unserem Land deutlich, das ihm Schutz bieten soll?" Die AfD wolle hier "das Ruder rumreißen".
AfD-Parteitag: Demonstrationen verzögerten Start
Weidel war zuvor von den Delegierten des AfD-Bundesparteitags einstimmig als erste Kanzlerkandidatin der Partei gekürt worden. Der Start des Parteitags hatte sich um mehr als zwei Stunden verzögert, weil vor der Halle tausende Gegendemonstranten viele Delegierte am Zugang gehindert hatten.
Weidel kritisierte die Protestteilnehmer als "rot lackierte Nazis" und berichtete, Sicherheitskräfte hätten bei der Anfahrt ihren Konvoi "aus einem linken gewaltbereiten Mob befreien" müssen.
Die Partei- und Fraktionschefin ist seit Jahren eines der bekanntesten Gesichter der AfD. Im Plenum des Bundestags machte sich die promovierte Volkswirtin als scharfzüngige Rednerin einen Namen. Weidels zentrales Thema ist dabei der angebliche Zerfall der inneren Sicherheit als Folge der Zuwanderung.
Alice Weidel: queer und Rechts
Als offen homosexuelle Politikerin, die mit ihrer Lebenspartnerin in der Schweiz zwei Söhne großzieht, ist Weidel in ihrer Partei eine Ausnahmeerscheinung. Zudem ist sie eine der wenigen prominenten Frauen in der von Männern dominierten AfD. Bei früheren Bundestagswahlen hatte die AfD auf die Aufstellung eines eigenen Kanzlerkandidaten verzichtet. Weidel war aber bereits 2017 und 2021 Teil eines Spitzenkandidaten-Duos für Bundestagswahlen.
Mit der formellen Kür einer Kanzlerkandidatin zieht die AfD nun die Konsequenz aus ihrem Erstarken in den Umfragen – in den Erhebungen rangiert die AfD derzeit auf Platz zwei hinter der Union. Die Partei will damit nach eigenen Angaben auch einen Regierungsanspruch formulieren.
(Mit Material der afp)
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