Warum die Hessen-Wahl zum nächsten Stresstest für die Bundesregierung wird
21.10.2018, 17:49
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Die letzte Landtagswahl in diesem Jahr ist
mehr als eine Entscheidung über die Machtverhältnisse in Hessen. Mit
ihrem Kreuz entscheiden die knapp 4,4 Millionen Wahlberechtigten auch
ein Stück mit über das Schicksal der großen Koalition im Bund.
Der Dauerstreit in Berlin hat Spuren hinterlassen, auch im hessischen Wahlkampf.
Bei der Abstimmung am 28. Oktober droht Union und SPD nach der Bayern-Wahl der nächste kräftige Dämpfer. Die großen Parteien stehen in den Umfragen für Hessen schlecht da. Je nachdem, wie massiv die Verluste werden, könnte dies die Parteispitzen in große Bedrängnis bringen.
Dann drohen neue Personaldebatten um die Bundeskanzlerin und
CDU-Vorsitzende Angela Merkel und SPD-Chefin Andrea Nahles - nach der
Wahl in Bayern wurden sie weitgehend unter der Decke gehalten.
Die Lage in Hessen:
Die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen hat sich in den vergangenen fünf Jahren von einem Experiment zu einem stabilen Bündnis gemausert. Beide Partner würden gerne miteinander weitermachen. Die Umfragewerte geben diese Konstellation derzeit jedoch nicht her - obwohl die Grünen einen Höhenflug erleben. Womöglich müsste die FDP mit ins Boot geholt werden, die Liberalen in Hessen zeigen sich offen für ein Jamaika-Bündnis.
Die hessische CDU sackte in Umfragen zuletzt empfindlich ab -
eine mögliche Folge auch der wochenlangen Querelen im Bund. Mit 29
Prozent liegen die Christdemokraten derzeit fast zehn Prozentpunkte
hinter dem Ergebnis der Landtagswahl 2013 (38,3 Prozent). Viele -
auch innerhalb der Partei - machen für die Verluste Kanzlerin Merkel
und die Streitigkeiten in der GroKo zumindest mitverantwortlich.
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier lässt dagegen gerne
durchblicken, wie eng sein Verhältnis zur Parteichefin ist. "Ich bin
nahezu täglich mit der Kanzlerin im Gespräch", versicherte der
CDU-Vize zuletzt beim Ringen um den Diesel-Kompromiss. Diese Treue
könnte Bouffier von Merkel-kritischen Wählern übel genommen werden.
Allerdings ist es undenkbar, dass Hessens Regierungschef seinen
Kurs ändert. Auch ihm dürfte präsent sein, wie die
rheinland-pfälzische CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner kurz vor
der Landtagswahl im Jahr 2016 einen Plan "A2" vorlegte, um sich von
Merkels umstrittener Flüchtlingspolitik abzugrenzen. Ein Manöver, das
ihr womöglich den Sieg kostete.
Was wären die Folgen einer CDU-Pleite in Wiesbaden?
Ein Machtverlust der hessischen CDU würde allerdings auch Merkel
empfindlich treffen. Anfang Dezember will sie sich auf einem
Parteitag zur Wiederwahl als Parteivorsitzende stellen. Nicht
ausgeschlossen wird in der CDU, dass sie dies überdenkt, sollte
Bouffier die Staatskanzlei nicht verteidigen können.
Die hessische SPD steht jüngsten Umfragen zufolge mit etwa 23
Prozent zwar besser da als im Bund, liegt aber dennoch deutlich
hinter der CDU. Für Parteichef und Spitzenkandidat Thorsten
Schäfer-Gümbel geht es um extrem viel: Der SPD-Vize tritt bereits zum
dritten Mal an, um Ministerpräsident zu werden. Wird der 49-Jährige
bei einem weiteren Scheitern erneut Oppositionsführer? Das ist schwer
vorstellbar.
Ein Ministeramt in einer großen Koalition schließt Schäfer-Gümbel
trotz persönlicher Spannungen mit Bouffier nicht gänzlich aus. Ob mit
der zerstrittenen GroKo in Berlin und dem sinkenden Vertrauen der
Bürger in die großen Volksparteien ein Bündnis zwischen SPD und CDU
in Hessen innerparteilich und nach außen vertretbar ist, scheint
jedoch mehr als offen.
Verliert die hessische SPD massiv im Vergleich zur Abstimmung im
Jahr 2013 (30,7 Prozent), wäre das nach der Bayern-Wahl mit
desaströsen 9,7 Prozent ein erneuter Tiefschlag für Parteichefin
Nahles.
Im Schatten der Bayern-Wahl war es für die Wahlkämpfer zwischen
Kassel und Darmstadt nicht immer leicht, mit hessischen Themen
durchzudringen. Zu übermächtig ist derzeit die Bundespolitik, aber
auch die Frage, wie man mit der AfD umgehen sollte. Laut Umfragen
werden die Rechtspopulisten voraussichtlich mit einem zweistelligen
Ergebnis in den Landtag einziehen - und dann in allen Parlamenten auf
Bundes- und Landesebene vertreten sein.
Der Umgang mit der AfD war bei den im Wiesbadener Landtag
vertretenen Parteien vor der Wahl sehr unterschiedlich. Teils wurde
die Alternative für Deutschland nahezu totgeschwiegen. Zuletzt wurde
der Ton schärfer. Bouffier nannte die Partei unter anderem einen "Weg
in den Extremismus".
Der Ausgang der Wahl am kommenden Sonntag könnte also spannend werden. Grund genug, mal wieder nach Hessen zu schauen.
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