Als Konsequenz aus der tödlichen Messerattacke von Solingen hat sich die Bundesregierung auf neue Maßnahmen zum Schutz vor islamistischem Terror, gegen irreguläre Migration und zur Verschärfung des Waffenrechts verständigt.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach bei der Vorstellung von "weitreichenden" und "harten Maßnahmen".
Anlass für das Maßnahmenpaket war der mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen, bei dem der Syrer Issa al H. am Freitagabend drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt hat.
Der 26-jährige, der in Untersuchungshaft sitzt und gegen den die Bundesanwaltschaft unter anderem wegen Mordes und des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ermittelt, hätte im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, was aber scheiterte.
Kein Thema beherrschte den öffentlichen Diskurs in den vergangenen Tagen so wie die Tat von Solingen und ihre Folgen. Von Opposition und Teilen der Öffentlichkeit war die Regierungskoalition vehement aufgefordert worden, bei Asyl- und Migrationsregeln nachzubessern.
Unter anderem soll der Umgang mit Messern im öffentlichen Raum weiter eingeschränkt werden. Dazu zählt ein generelles Messerverbot im Fernverkehr mit Bussen und Bahnen. Die Anforderungen für einen Waffenschein sollen erhöht werden, um sicherzustellen, dass Extremisten keinen Zugang zu Waffen und Sprengstoff haben.
Die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Islamismus sollen ausgeweitet und das Instrument des Vereinsverbots soll gegen islamistische Vereine weiter genutzt werden.
Menschen sollen künftig einfacher ausgewiesen werden können, wenn sie eine Straftat mit einer Waffe oder einem anderen gefährlichen Werkzeug begangen haben. Zudem sollen Migranten künftig leichter vom Schutz in Deutschland ausgeschlossen werden können, wenn sie Straftaten begangen haben.
"Zukünftig können auch die Schleusungsstrafbarkeit und Straftaten mit einem antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen, geschlechtsspezifischen, gegen die sexuelle Orientierung gerichteten oder sonstigen menschenverachtenden Beweggrund zum Ausschluss von der Schutzberechtigung führen", steht im Papier.
Wenn Asylberechtigte in ihr Heimatland ausreisen, soll ihnen der Schutzstatus wieder aberkannt werden. Ausnahmen sollen gelten für Geflüchtete aus der Ukraine sowie wenn die Reise "zur Erfüllung sittlicher Pflichten" notwendig ist, etwa zur Teilnahme an einer Beerdigung naher Angehöriger.
Die Ampel-Regierung einigte sich zudem auf die Streichung von Leistungen für bestimmte Asylbewerber:innen. Dabei geht es um sogenannte "Dublin-Fälle", für die ein anderer europäischer Staat zuständig wäre, der der Rückübernahme zugestimmt hat.
Das Dublin-Abkommen regelt, dass Ankommende in Europa in der Regel im ersten Land, das sie durchqueren, auch einen Asylantrag stellen. Andere Länder, in die sie anschließend gegebenenfalls weiterreisen – in diesem Fall also: Deutschland –, sind dann nicht dazu verpflichtet, ihnen ebenfalls ein Asylverfahren zu ermöglichen.
Innenministerin Faeser wies darauf hin, dass nach dem Dublin-Verfahren der Staat für den Asylantrag und damit auch für Leistungen zuständig ist, über den der Flüchtling in die Europäische Union gekommen ist. Daher wolle man in diesen Fällen auch keine Leistungen mehr an die Menschen zahlen, sofern der zuständige EU-Staat einer Rückübernahme zustimmt. Im Fall des Attentäters von Solingen wäre dies Bulgarien gewesen.
Faeser betonte aber auch: "In Deutschland wird niemand verhungern und auch nicht auf der Straße schlafen."
Die Arbeit an dem Maßnahmenpaket hatte bereits am Wochenende nach dem Anschlag begonnen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zudem am Mittwoch Gespräche mit den Ländern und der Union als größter Oppositionskraft angekündigt. Eine Arbeitsgruppe, der Vertreter aller drei Ampel-Parteien angehören, soll nächste Woche erstmals zusammenkommen.
Bei den Gesprächen der Arbeitsgruppe von Bund und Ländern, an der auch CDU und CSU teilnehmen sollen, soll das vorgelegte "Sicherheitspaket" der Regierung aus deren Sicht die Gesprächsgrundlage sein. Ein Ziel der Arbeitsgruppe sei die Suche nach Möglichkeiten, das Dublin-Verfahren zu verbessern.
Laut Justizminister Marco Buschmann (FDP) will die Bundesregierung aber auch "Vollzugsdefizite" bei den Ländern etwa bei Abschiebungen ansprechen.
(nik/dr/mit Material von dpa und afp)