Die Recherchen der "Zeit" und der "Süddeutschen Zeitung" zur Rolle der FDP beim Ampel-Aus haben für einen Politik-Skandal gesorgt. Die Partei soll demnach den Koalitionsbruch schon von langer Hand geplant haben.
Ex-Finanzminister Christian Lindner hätte also die Öffentlichkeit massiv getäuscht. Denn am Abend seiner Entlassung warf er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch vor, dieser habe den Rausschmiss der FDP aus der Ampel-Koalition geplant. Jetzt gibt es neue Details, die zeigen, dass die FDP den Koalitionsbruch noch detaillierter geplant hatte, als bisher bekannt war.
"Es könnte ein Ausstieg zu Beginn der KW 45 erfolgen", steht in einem internen Dokument der FDP, das zunächst "Table Media" exklusiv vorlag. Genau in dieser Woche kam es auch tatsächlich zum Bruch der Ampel.
Unter dem Stichwort "idealer Zeitpunkt" wurde demnach außerdem erwogen, den Ausstieg zur Mitte der Kalenderwoche erfolgen zu lassen. Nur der "ungewisse Ausgang der US-Wahl" sprach dagegen. Gegen einen späteren Termin hätten jedoch die Haushaltsverhandlungen und der Parteitag der Grünen gesprochen.
Als Reaktion auf die Recherche veröffentlichte die FDP das gesamte, achtseitige Papier. "Wir haben niemals ein Geheimnis daraus gemacht, dass ohne eine Wirtschaftswende ein Ende der Ampel ein möglicher Ausgang des von uns so genannten Herbstes der Entscheidungen sein könnte", schrieb der FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai in einem Statement zur Angelegenheit.
Das Papier sei in Verantwortung des Bundesgeschäftsführers erstellt worden und sei kein Gegenstand der politischen Beratung von gewählten Mandatsträgern und Regierungsmitgliedern gewesen. "Der Stillstand der Ampel war längst zu einer Belastung für das Land geworden", schrieb Djir-Sarai.
Teil des Dokuments war unter anderem eine "D-Day Ablaufpyramide". Dort wurde der Weg zum Bruch der Ampel-Koalition in vier Phasen unterteilt.
Für jede der Phasen gab es konkrete Planungen zu verschiedenen Maßnahmen und den Zuständigkeiten. Das Wirtschaftswende-Papier wurde in dem Dokument etwa als "Torpedo" bezeichnet.
Außerdem enthält das FDP-Papier Angaben zu einem "Kernnarrativ", das nach dem Ausstieg verbreitet werden müsse. Das Verlassen der Ampel solle als "notwendige Richtungsentscheidung" dargestellt werden. Aufgrund der fundamentalen Gegensätze zwischen Rot-Grün und FDP sei die Bundesregierung selbst "zum größten Standortrisiko" geworden. Die Partei wollte sich zudem den Slogan "Wir machen den Weg frei" verpassen.
Die Liberalen argumentierten in dem Papier weiter, dass der Stillstand nur durch Neuwahlen zu lösen sei. So wollten sie den Bruch der Ampel begründen. "Neben den Worten sind die Bilder der Verkündung entscheidend. Diese müssen eine Position der Stärke, Entschlossenheit und Überzeugung ausdrücken. Die Atmosphäre muss ernsthaft, aber nicht getrieben wirken."
Der Juso-Chef Phillip Türmer (SPD) zeigte sich auf Instagram entrüstet über die neue Enthüllung. "Es ist ein gigantischer Skandal", schrieb er. "Unglaublich, wie die FDP immer noch versucht, ihn kleinzureden."
(Mit Material von afp.)