Die SPD hat ihre Aufgabe in der Regierungsbildung nach der krachenden Niederlage bei der Bundestagswahl schnell gefunden. Das lag vor allem auch an einer Person: Parteichef Lars Klingbeil. Trotz eigener Verantwortung bei der Wahlklatsche ließ es sich Klingbeil nicht nehmen, zum Posten des Parteichefs auch noch das Amt des Fraktionsvorsitzenden anzunehmen.
Bisher ging dieser "bold move" auf, die SPD hat sich in den Verhandlungen ordentlich präsentiert. Nun wird Klingbeil wahrscheinlich on top auch noch Finanzminister, so heißt es schon lange aus der Berliner Politik-Bubble. Der neue starke Mann in der SPD forderte direkt nach der Wahl einen "Generationenwechsel" – anscheinend mit sich selbst an der Spitze.
Klingbeil will einiges anders machen, um den Wähler:innen authentisch zu vermitteln: "Wir haben verstanden, wir lernen aus unseren Fehlern" – unter anderem aus denen des noch geschäftsführenden Kanzlers Olaf Scholz.
In der neuesten Ausgabe des unendlich langen Interview-Pocasts "Alles gesagt" der "Zeit" ist Klingbeil zu Gast und spricht unter anderem über den Kanzler. Vor allem verteidigt er ihn und äußert freundliche und respektvolle Worte.
Doch an einer Stelle kritisiert Klingbeil seinen langjährigen Weggefährten überraschend hart. Angesprochen auf die weit verbreitete Meinung, Scholz habe zu Zeiten der Ampelregierung zu wenig kommuniziert, verteidigt Klingbeil erst: "Scholz ist ein Politiker, und das schätze ich an ihm, der sehr lösungsorientiert ist, der ein Verhandlungsweltmeister ist und der es immer geschafft hat, in Koalitionsausschüssen eine Lösung zu finden."
Dann kommt Klingbeil jedoch auf die Kehrseiten der Scholz'schen Tugenden zu sprechen:
Scholz sei immer erst vor die Mikros gegangen, wenn er eine Lösung zu verkünden habe. "Bis aufs Biegen" habe der Ampel-Kanzler versucht, Lösungen für das Land zu finden.
Bei allem Lob betont Klingbeil anschließend: Es sei eine krisenhafte Zeit, in der die "Politik viel mehr sich und seine Schritte erklären muss – und wo man nicht erst mit dem fertigen Ergebnis kommen kann, sondern die Leute auf seinem Weg mitnehmen muss".
Darauf angesprochen, wie ein möglicher Kanzler Klingbeil in Zukunft kommunizieren könnte, betont der SPD-Chef seine derzeitige Rolle und welchen Stil er pflegt. Es gehe "ganz viel ums Erklären und Darlegen".
Klingbeil merke, dass "die Leute" gar nicht sofort Lösungen von Politiker:innen fordern. "Die wollen mitgenommen werden." Manchmal gehe es eben um Zwischenstände.
"Die Menschen erwarten nicht, dass einem der Politiker das Blaue vom Himmel verspricht. Aber sie wollen ernst genommen werden."
Später kommt Klingbeil auch auf die Koalitionsverhandlungen der vergangenen Wochen zu sprechen. Als die Podcast-Hosts ihn darauf ansprechen, wie viele Details zwischenzeitlich aus den Fachgruppen-Verhandlungen an die Presse durchgestochen wurden, gibt er zu: "Da habe ich mich schon sehr drüber geärgert. Da können Sie froh sein, dass Sie nicht in meiner Nähe waren."
Zu der Zeit, "wo ein Papier nach dem nächsten veröffentlicht wurde", sei es "sehr unbequem" in seiner Nähe gewesen. "Ich bin dann sauer."
In den Gesprächen der Parteispitzen gegen Ende der Verhandlungen sei es dann wieder vertraulich zugegangen. "Und das ist schon sehr wichtig".