Das Migrations-Gebrülle der Union und der Medien, die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel oder doch einfach die Ampel? Die Suche nach den Gründen für den AfD-Erfolg sind vielfältig – die Erklärungen, wie die rechtsextreme Partei wieder kleinzubekommen ist, daher ebenfalls.
In linksliberalen Kreisen nimmt man die Partei und ihre Bedrohung sehr ernst und macht es sich zur Aufgabe, vor ihrer Gefahr zu warnen. Das mag zwar richtig oder zumindest gut gemeint sein. Doch ausgerechnet die ehemalige Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang hat nun davor gewarnt, vor der AfD in Panik zu verfallen.
Lang, die sich im Herbst 2024 von ihrer Rolle als Parteichefin zurückzog, ist in der neuesten Folge des Politik-Podcasts "Die absolute Mehrheit" zu Gast und spricht dort unter anderem über die AfD. Ein Parteiverbot befürwortet Lang zwar, kommt bei diesem Thema aber auch auf einen anderen Punkt zu sprechen.
Aktuell falle ihr nämlich auf, "dass wir uns angewöhnt haben, fast jede Debatte nur noch zu bestreiten mit: 'Das hilft der AfD'."
Das habe sie insbesondere in der Woche der Kanzlerwahl "von allen Seiten gehört (...), auch von meiner Partei, von anderen Parteien: 'Das hilft der AfD, das hilft der AfD, das hilft der AfD'."
Diese Denkweise sei "ein richtiges Problem". Einerseits sei sie in Langs Augen ein "bisschen Ausdruck von Denkfaulheit". Stattdessen solle es darum gehen, seine eigene politische Position zu begründen und "argumentieren zu müssen". Zum anderen spreche aus der AfD-Warnung "manchmal auch Mutlosigkeit", attestiert Lang.
Man müsse dazu stehen, "dass ich eine politische Position aus bestimmten Gründen richtig oder falsch finde", statt sie damit abzutun, dass sie der AfD helfe, erklärt Lang. Sie befürchtet:
Denn damit werde die AfD "zum einzigen Bezugspunkt der politischen Debatte".
Auch auf die aktuelle Bundesregierung von Union und SPD und Bundeskanzler Friedrich Merz kommt Lang in dem Podcast zu sprechen – und hat zu ihm eine "spannende" Beobachtung: "Im persönlichen Kontakt" hätten sie und Merz, sich "gut verstanden", beteuert Lang. Zwischen ihnen sei es "sehr kollegial".
Gleichzeitig habe Merz, wenn es etwa um das Thema Frauen gehe, eine Art Radar für "Fettnäpfchen". Diese würde er "auf 100 Meter Entfernung" erkennen und "mit großem Anlauf" reinspringen.
Merz habe sich zudem oftmals nicht unter Kontrolle, "was auch Impulsivität angeht". Lang äußert die Befürchtung, dass dieser Charakterzug kommende Verhandlungen mit ihm vielleicht erschweren könnte.
Andererseits attestiert Lang dem Bundeskanzler und CDU-Chef "klare Werte", auch "was Demokratie angeht". Merz sei ein "90er-Jahre-Konservativer, im positiven wie im negativen Sinne".
Negativ legt Lang Merz demnach etwa seine neoliberale Haltung aus. Zudem habe er "nicht verstanden", wie sehr Deutschland Migration brauche.