In der Talkshow von Anne Will äußert sich Angela Merkel zum Bamf-Skandal. Auch für Donald Trumps G7-Auftritt und im Fall Susanna F. findet die Kanzlerin klare Worte.
Die Liste der Fragen an die Bundeskanzlerin war lang. Will musste sie stellvertretend stellen. Denn schon fast einer Tradition folgend besuchte Angela Merkel die Moderatorin in ihrer Sendung exklusiv. Ohne weitere Talkgäste.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Donald Trumps Rückzieher von der gemeinsamen Erklärung der G7-Staaten scharf kritisiert. "Die Rücknahme per Tweet ist natürlich ernüchternd und auch ein Stück deprimierend", sagte Merkel am Sonntagabend in der ARD-Talksendung "Anne Will". Sie sei weiterhin der Ansicht, dass Trump in "vielen Fragen" die Prinzipien der G7-Staaten teile.
"Aber die Kündigung dieses Kommuniqués ist jetzt natürlich schon ein einschneidender Schritt", fügte die Kanzlerin hinzu. Merkel erfuhr von Trumps Entscheidung nach eigenen Worten auf dem Rückflug vom G7-Gipfel in Kanada. Es sei für sie ein "ernüchterndes Erlebnis" gewesen, dass Trump die "mühsam ausgehandelte" Erklärung aufgekündigt habe.
Nach dem G7-Eklat drohte Merkel dem US-Präsidenten Trump in der ARD-Sendung:
Gemeint waren die Strafzölle auf Aluminium- und Stahlimporte.
Für den Fall, dass Trump wie geplant weitere Strafzölle auf deutsche Autos verhängen sollte, kündigte die Kanzlerin scharfe und wenn möglich europäische Gegenmaßnahmen an.
Merkel sagte zu den Alleingängen Trumps, man müsse sich in der Politik entscheiden: "Nichtstun kann ein Risiko sein. Dass man als vollkommen erpressbar gilt." Die Entscheidung Trumps habe sie in der Haltung bestärkt, sich noch mehr für eine einheitliche, starke Europäische Union einzusetzen, sagte Merkel.
Trump hatte kurz nach Ende des G7-Gipfels im kanadischen La Malbaie am Samstag eine einvernehmlich von allen Teilnehmern verabschiedete Gipfelerklärung abrupt aufgekündigt.
Die Entscheidung Trumps bedeute aus ihrer Sicht nicht das Ende der transatlantischen Partnerschaft, sagte Merkel. "Es gibt gute Gründe dafür weiter von unserer Seite zu kämpfen, aber wir können uns da nicht einfach drauf verlassen."
Trump hatte seinen Vorstoß damit begründet, dass Kanada weiter Gegenzölle auf die von ihm verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium plant
In der Debatte um die Missstände beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge übernahm Merkel politische Verantwortung. "Ich mache es mir nicht leicht. Ich bin für die Dinge politisch verantwortlich", sagte die CDU-Chefin in der ARD-Sendung.
In der außergewöhnlichen Situation 2015 mit der hohen Zahl an ankommenden Flüchtlingen habe man auch ein Ministerium wie das Innenressort nicht mit so einer Aufgabe alleine lassen können. Deshalb habe sie damals – unter Kritik – Kompetenzen danach im Kanzleramt konzentriert. Man hätte das Bamf aber früher auf die große Zahl an zu bearbeitenden Fällen vorbereiten müssen.
Merkel wies aber den Vorwurf zurück, dass es damals das Ziel "Schnelligkeit vor Gründlichkeit" gegeben habe. Es habe in einer Vielzahl von Runden mit den Ministerpräsidenten den Wunsch nach schnellerer Bearbeitung der Anträge gegeben. Auch die Länder-Innenminister seien vorübergehend damit einverstanden gewesen, dass etwa syrische Antragsteller keine mündlichen Prüfungen mehr zu durchlaufen hatten.
Mit Blick auf den Mordfall der 14-jährigen Susanna sprach sich Merkel (CDU) für schnellere Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber aus.
Der Fall zeige, "wie wichtig es ist, dass Menschen, die keinen Aufenthaltsstatus haben, schnell ihr Verwaltungsgerichtsverfahren bekommen und dann auch schnell wieder nach Hause geschickt werden können", sagte Merkel.
Für sie sei zudem die Lehre aus diesem "abscheulichen Mord", schnell die von der großen Koalition vereinbarten Ankerzentren bundesweit einzurichten, fügte Merkel hinzu. In diesen Zentren sollen Asylbewerbern für die gesamte Dauer ihres Verfahrens bleiben und im Falle einer Ablehnung direkt von dort abgeschoben werden. Das Vorhaben ist jedoch unter einigen Bundesländern umstritten.
Trotz der langen Regierungsbildung und der vielen Herausforderungen bereut die Kanzlerin nach eigenen Worten nicht, erneut als Regierungschefin angetreten zu sein. "Für diese Gedanken habe ich eigentlich sehr wenig Zeit, muss ich sagen." Sie habe sechs Monate zu tun gehabt, eine Regierung zu bilden. "Seitdem haben wir unglaublich viel nachzuholen, und insofern bleibt für solche Gedanken nicht viel Zeit."
Merkel sagte, es sei eine Zeit mit einer ganzen Reihe ernster Probleme, die noch nicht gelöst seien. Sie würde sich eine etwas geordnetere Welt wünschen. "Wenn es dann super läuft und nur die Wirtschaft boomt, und die Arbeitslosigkeit abnimmt und sonst kein Problem ist, ist das Leben natürlich leichter. Aber ich finde, man muss das trotzdem annehmen."
(pb/dpa/afp)