Im Münchner Prozess um die Morde der rechtsterroristischen NSU werden am Dienstag die Plädoyers von Beate Zshäpes Pflichtverteidiger Anja Sturm, Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer erwartet.
Die drei Strafverteidiger kannten sich von Fachtagungen und gemeinsamen Mandaten, scherzhaft hatten sie überlegt eine gemeinsame Kanzlei zu gründen, erzählte Anja Sturm dem Magazin der "Süddeutschen Zeitung". Die drei Verteidiger wurden vom Gericht als Pflichtverteidiger bestimmt.
Die Anwälte rieten Zschäpe vor Gericht zu schweigen, diese lehnte das ab. Nach der Verwerfung wollten die Anwälte ihr Mandat niederlegen – das Gericht lehnte ab.
Die Vorwürfe gegen Zschäpe und die 3 Juristen auf einen Blick.
Beate Zschäpe muss sich in München unter anderem wegen Beihilfe zum Mord verantworten. Sie hat eingestanden, fast 14 Jahre mit den beiden mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund gelebt zu haben.
In dieser Zeit sollen Mundlos und Böhnhardt zehn Menschen in ganz Deutschland ermordet haben. Zschäpe bestreitet eine Mittäterschaft und will von dem Treiben der NSU nichts gewusst haben.
Zschäpe lernte Mundlos und Böhnhardt in der Thüringer rechtsextremen Szene kennen und tauchte mit ihnen ab.
Nachdem die beiden im November 2011 nach einem Banküberfall in Eisenach tot in ihrem Wohnmobil aufgefunden waren, sprengte Zschäpe die gemeinsame Wohnung in Zwickau und floh. Kurz darauf stellte sie sich der Polizei.
Die Bundesanwaltschaft hat für Zschäpe lebenslange Haft beantragt. Zschäpes Wahlverteidiger – die bereits ihr Plädoyer gehalten haben – erachten dagegen eine Gefängnisstrafe von höchstens zehn Jahren für angemessen.
Der Rechtsanwalt aus Köln wurde im November 2011 als Pflichtverteidiger Zschäpes bestellt. Über sein Motiv, ein solches Mandat zu übernehmen, erklärte er der Korrespondentin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung":
Heer gilt als anerkannter Strafverteidiger. Er liebt aussichtslose Fälle. Sein Grundsatz lautet:
Seine Strategie im NSU-Prozess gegen die mutmaßlichen Mitwisser der NSU, umschreibt er so:
Heer empfiehlt seinen Mandanten grundsätzlich zu schweigen. Beate Zschäpe hielt sich nicht an diesen Rat. Es kam zum Zerwürfnis mit den Altverteidigern. Heer sagt dazu:
Der Anwalt ist in der Nähe der beschaulichen Beamtenstadt Koblenz geboren. In Bonn studierte er Jura. Stahl hatte mit Heer mehrere gemeinsame Mandanten verteidigt. Unter den beiden wird er als der "Versöhnlichere" beschrieben (Frankfurter Allgemeine Zeitung). Er sagte dazu in einem Interview mit der Zeitung "Rheinische Post".
Von harmonischer Stimmung vor Gericht hält Stahl wenig.
Sein Motiv für die Verteidigung Zschäpes umschreibt Stahl wie folgt:
Seine Strategie: Wie Wolfgang Heer sieht er in Beate Zschäpe eine unwissende Mitläuferin.
Die versierte Anwältin ist 1970 in den USA geboren. Mit ihrer Kanzlei in Berlin hat sie sich wegen des Zschäpe-Mandats überworfen, sie wechselte dann in die Kanzlei von Wolfgang Heer in Köln. Der Süddeutschen Zeitung hat Sturm eindrucksvoll über Drohbriefe an sie berichtet.
Heer und Stahl kenne sie von Fachtagungen. In der Verteidigungsstrategie vor Gericht stimmen sie überein: Schweigen. Ihr Credo:
Das Urteil wird noch einige Zeit auf sich warten lassen. Ebenso wie die Frage, wie sich rechtsextreme Terrorstrukturen quasi unter den Augen des Verfassungsschutzes etablieren konnten.
Die Thüringer Linken-Politikerin Katharina König, die sich intensiv um Aufklärung bemüht, erklärte dazu dem "Deutschlandfunk" in einem Interview:
Die Forderung der Aufklärung bleibt – auch außerhalb des Gerichtssaals.
(per/dpa/AFP/rtr)