Für manche war es gestern Abend schon klar, andere mussten die ganze Nacht lang zittern.
Nach dem vorläufigen Ergebnis der Bundeswahlleiterin wird es im nächsten Bundestag 26 Abgeordnete unter 30 Jahren geben. 18 von ihnen sind zum ersten Mal dabei. Während 2021 der Bundestag so jung wie noch nie war, ist das in diesem Jahr anders: Vor vier Jahren waren 6,39 Prozent der Abgeordneten unter 30 Jahre, nach dieser Wahl nur noch 4,13 Prozent.
Neun der jüngsten Neuen sind Mitglieder der Linkspartei, die bei der Wahl besonders bei den unter 25-Jährigen überzeugen konnte. Sie haben 25 Prozent der Stimmen geholt bei den jungen Wähler:innen.
Neun weitere stammen aus der Partei der Grünen, allerdings kann man nur zwei von ihnen als "Neu" beschreiben, die restlichen sieben saßen bereits in der letzten Legislatur im Plenarsaal.
Dann folgt die CDU mit vier Abgeordneten unter 30. Die SPD und AfD bilden das Schlusslicht mit je nur zwei Abgeordneten unter 30.
Hier sind 13 der insgesamt 26 jungen und potenziell wilden Abgeordneten:
Mit ihren Errungenschaften der Wahlnacht gelang Zoe Mayer (29 Jahre) etwas, was sogar ihrer Parteivorsitzenden nicht gelang. Die Grüne verteidigte ihr 2021 gewonnenes Direktmandat. Davor war sie Fraktionsvorsitzende ihrer Partei im Stadtrat Karlsruhe.
Bereits 2010 (also mit 14 Jahren) trat sie den Grünen bei, um sich für mehr Tierschutz zu engagieren. Das treibt sie auch im Bundestag an: "Tierpolitik.org" kürte die Doktorin der Ingenieurswissenschaften zur engagiertesten Tierschützerin der letzten Legislaturperiode.
Auch ihrer Parteifreundin Chantal Kopf (ebenso 29 Jahre) gelang die Verteidigung des grünen Direktmandats in Freiburg. 32,5 Prozent wählten die Europapolitikerin – ein besseres Ergebnis schafft deutschlandweit nur Sven Lehmann (Parlamentarischer Staatssekretär) in Köln. Vor ihrer ersten Wahl 2021 hat sie in verschiedenen Bundestags- und Landtagsbüros gearbeitet.
Mit Timon Dzienus (28 Jahre) kandidierte in Hannover ein Jungpolitiker mit einiger Parteierfahrung: seit 2014 war er in Vorständen der Grünen Jugend, zuletzt als Co-Bundessprecher der mittlerweile ausgetreten Sarah-Lee Heinrich.
Bekannt geworden ist er durch seine Twitter-Beefs. Weil er Boris Palmer dort als "rassistischen Kotzbrocken" beleidigte, wurde er zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt. Auch Ex-Finanzminister Lindner sei ein "rechter Kotzbrocken" und "einfach widerlich".
Einer seiner Vorgänger im Amt als Bundessprecher ist Max Lucks (27 Jahre). Er war von 2017 bis 2019 Chef der grünen Nachwuchsorganisation – übrigens gemeinsam mit Ricarda Lang. Seit 2021 sitzt er bereits im Bundestag und fokussiert sich dort auf Menschenrechts- und Außenpolitik.
Aufsehen erregte er, als er 2022 anders als der Großteil seiner Fraktion mit zwei weiteren Grünen-Abgeordneten einen Antrag gegen die Impfpflicht gegen Covid, initiiert von Wolfgang Kubicki (FDP) unterstütze. Zur Bundestagswahl 2025 trat er mit dem Slogan "mit Arsch in der Hose im Bundestag" an – mit Erfolg.
Mit Jeanne Dillschneider (29 Jahre) haben die Grünen nach einigen Jahren wieder eine Abgeordnete aus dem Saarland. 2021 war die Landesliste dort nach einem Eklat nicht von der Wahlleitung anerkannt worden – und somit wurden damals keine Abgeordneten aus dem Saarland nach Berlin entsendet. Daraufhin traten die Vorsitzenden zurück und die ehemalige Sprecherin der Grünen Jugend, Dillschneider, wurde Co-Vorsitzende des Landesverbandes.
Im Bundestag setzt sie auf die Themen Klimaschutz, Digitalisierung, innere Sicherheit und europäische Zusammenarbeit. Verheiratet ist sie übrigens mit dem ehemaligen Landesvorsitzenden der Jungen Liberalen, Julien Simons, der mittlerweile der CDU beigetreten ist.
Luke Hoß wird voraussichtlich der jüngste Abgeordnete der kommenden Legislatur. 24 Jahre alt ist der Passauer Politiker. Auf seiner Website beschreibt er das Aufwachsen bei seiner alleinerziehenden Mutter: "Sie hat sich damals für einen Hungerlohn kaputt gearbeitet: morgens früh raus, abends müde zurück, um irgendwie über die Runden zu kommen. Und trotzdem musste sie am Ende des Monats selbst auf Essen verzichten, damit ich und mein Bruder genug haben."
Im Bundestag will er solidarisch mit seiner Diät umgehen: 2500 Euro wird er behalten, der Rest gehe an "Menschen in Notlagen, soziale Initiativen und die Partei Die Linke".
Kathrin Gebel ist 28 Jahre alt und kandidierte im Wahlkreis Münster. Sie ist zwar jung – aber nicht unerfahren. Seit 2022 gehört sie in unterschiedlichen Funktionen dem Parteivorstand der Linken an, davor war sie eine der Bundessprecher:innen des Jugendverbands. Im Bundestag will sie sich für eine Jugend einsetzen, "die sonst keine Beachtung bekommt."
Anders als die bisher Beschriebenen, hat die voraussichtlich zweitjüngste Abgeordnete des neuen Bundestags nur auf der Landesliste kandidiert, ohne Wahlkreiskandidatur.
Die 2000 geborene Zada Salihovic ist in Sachsen aktive Gewerkschafterin. Im Bundestag will sie sich für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen – "nicht nur aus politischer Überzeugung, sondern auch persönlicher Erfahrung. Ich habe früher selbst unter schrecklichen Ausbildungsbedingungen gelitten".
Ein weiterer neuer Abgeordneter, der ohne Wahlkreis über die Liste eingezogen ist, ist der Linke Jorrit Luca Bosch (Jahrgang 1997) aus Braunschweig. Seine Wahl stand erst am Montagmorgen fest: "Bin heute Morgen damit aufgewacht. Ich bin extrem bereit für die Aufgabe und gleichzeitig total überwältigt", schreibt er auf Instagram.
Der Linken-Direktkandidat in Braunschweig, Leon Huesmann, verpasste den Einzug, weil er nicht auf der Landesliste stand, sondern nur im Wahlkreis kandidierte.
Nachdem sie ihre Wiederwahl 2024 verpasst hatte, befindet sich der Dienstsitz der ehemaligen Thüringer Landtagsabgeordneten Donata Vogtschmidt von nun an in Berlin. Die 1998 geborene Politikerin war bei ihrer Landtagsfraktion Sprecherin für Katastrophenschutz und Feuerwehr.
Johannes Volkmann kandidierte erfolgreich im Wahlkreis Lahn-Dill in Hessen und gewann das direkte Ticket nach Berlin. "Fun Facts" hat der 28-Jährige gleich zwei zu bieten. 2021 war er zu Gast in der Sendung "Wer wird Millionär" und stieg nach der 64.000-Frage aus.
Er tritt außerdem in große Fußstapfen: Sein Großvater war niemand anderes als Helmut Kohl, der von 1982 bis 1998 Bundeskanzler war.
Für den 29-jährigen Nicklas Kappe klärten sich am Wahlabend gleich drei große Lebensentscheidungen. Er gewann das Direktmandat und muss somit den Hauptwohnsitz nach Berlin verlagern.
Aber das war für ihn offenbar noch nicht genug Lebensveränderung – er fragte seine Freundin auf der Wahlparty, ob sie ihn heiraten wolle. Neben seinem Umzug ins politische Berlin muss er jetzt wohl auch noch seine Hochzeit planen.
Der SPDler Jakob Blankenburg ist mit seinen 27 Jahren bereits das zweite Mal zum Bundestagsabgeordneten gewählt worden. 2021 war er der jüngste direkt gewählte Abgeordnete im Deutschen Bundestag, auch diesmal gewann er den Wahlkreis Lüchow-Dannenberg und Lüneburg. Damit dürfte er erneut den Titel tragen.
In der letzten Legislatur war er für seine Fraktion verantwortlich für das Thema Nachhaltigkeit und Berichterstatter für Atompolitik.