Den Empfang in Köln dürfte sich der türkische Präsident Erdogan anders vorgestellt haben. Denn statt in einem Schloss begrüßt ihn NRW-Regierungschef Laschet mit kritischen Worten in einem kleinen Zimmer am Flughafen.
Tausende Türken dagegen feierten Erdogan, der mehr Respekt für die türkische Justiz fordert und anklagt, dass "Hunderte, Tausende" von Terroristen in Deutschland frei herumliefen (Journalisten zum Beispiel). In seiner Rede zur Eröffnung der Ditib-Moschee äußerte sich Erdogan auch zu Mesut Özil und sprach im Zusammenhang mit dem Fall um den ehemaligen Nationalspieler von Rassismus.
Vor der Eröffnung der Ditib-Moschee fand ein Gespräch mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) geplant. Für das Treffen, das ursprünglich auf Schloss Wahn stattfinden sollte, musste eilig ein neuer Ort gefunden werden, weil die Schlossbesitzer einen Empfang Erdogans aus politischer Überzeugung abgelehnt hatten. Nun fand das Treffen auf dem militärischen Teil des Flughafens Köln/Bonn statt – Laschet sparte dabei nicht mit Kritik.
Er habe in dem etwa einstündigen Gespräch am Flughafen Köln/Bonn Rechtsstaatlichkeit in der Türkei angemahnt, sagte Laschet. Die Beziehungen der beiden Länder seien aktuell "überschattet". Das betreffe vor allem Verhaftungswellen, die Presse- und Religionsfreiheit. Er habe daher bei Erdogan
Bereits Stunden vor Erdogans Ankunft hatten Hunderte von Polizisten die Straßen rund um die Moschee abgesperrt und Anwohner ebenso wie Besucher streng kontrolliert.
Rund um die Moschee ist ein großer Sicherheitsbereich festgelegt worden. Von der Ditib sei kein ausreichendes Sicherheitskonzept vorgelegt worden, deshalb könne die geplante Außenveranstaltung nicht stattfinden, hatte die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Freitagabend erklärt.
Die Ditib hatte auf Facebook zu der Veranstaltung eingeladen und mit bis zu 25.000 Besuchern gerechnet. Neben der Moschee-Eröffnung sind in Köln mehrere Kundgebungen angemeldet. Viele Tausend Anhänger und Gegner Erdogans aus allen Teilen Deutschlands werden erwartet. Mehrere Tausend Polizisten sind deshalb in Köln in Einsatz. In der Großstadt herrscht die höchste Sicherheitsstufe.
An der Moschee-Eröffnung nahm der Ministerpräsident nicht teil. Weder Bund noch Land oder die Stadt Köln waren vertreten.
Türkische Sicherheitskräfte haben am Samstag abermals eine friedliche Demonstration der sogenannten Samstagsmütter in Istanbul aufgelöst.
Auf Videos in sozialen Medien war Samstagvormittag zu sehen, wie Polizisten eine kleine Gruppe von Demonstranten umringten und Journalisten zurückdrängten. Auf der großen Istiklal-Einkaufsstraße fuhren Polizeipanzer auf. Dort haben die teils schon recht betagten Samstagsmütter und ihre Unterstützer bis Ende August mehr als 700 Wochen ungestört demonstriert und Gerechtigkeit für verschwundene Verwandte gefordert.
Auf Twitter richtete die Gruppe eine Botschaft an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Recep Tayyip Erdogan, der zu einem Staatsbesuch in Deutschland ist. Während die beiden in Berlin gemeinsam frühstückten, habe man ihnen Gewalt angetan. "Wir protestieren gegen die heuchlerische Politik von Merkel und Erdogan."
Bei einer der größten Kundgebungen gegen den Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Köln hatten sich am Samstagvormittag zunächst deutlich weniger Menschen versammelt als im Vorhinein vermutet. Statt der erwarteten 10.000 Teilnehmer kamen nach dpa-Schätzungen rund 2000 Menschen zusammen. Die Polizei hielt sich mit Angaben zu den Teilnehmerzahlen zurück.
Unter dem Titel "Erdogan not welcome" hatten kurdische und linke Erdogan-Gegner zum Protest am Rheinufer aufgerufen. Das Verwaltungsgericht Köln hatte am Freitag allerdings die Vorgabe der Polizei bestätigt, die Teilnehmer nicht wie von den Organisatoren gewünscht durch die Stadt ziehen zu lassen. Sie dürfen die Kundgebung auf der Deutzer Werft abhalten – weit weg von der Moschee-Eröffnung. Vor dem Hintergrund des Trubels in der Stadt sei eine Sicherung der Demo ansonsten nicht möglich.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan setzt am Samstag seinen Staatsbesuch in Deutschland fort.
Zum Auftakt des Staatsbesuches hatte es am Freitag kaum Anzeichen für eine Wiederannäherung im deutsch-türkischen Verhältnis gegeben. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnten die Einhaltung der Pressefreiheit und der Menschenrechte an. Merkel sprach von weiterhin "tiefgreifenden Differenzen". Erdogan wies die deutschen Vorwürfe am Abend bei einem Staatsbankett nochmals in aller Deutlichkeit zurück.
Steinmeier sagte am Abend in Schloss Bellevue:
Erdogan wich daraufhin von seinem Redemanuskript ab. Er forderte nachdrücklich Respekt für die türkische Justiz und damit für das Auslieferungsersuchen für den in der Türkei verurteilten Journalisten Can Dündar. "Hunderte, Tausende" von Terroristen liefen in Deutschland frei herum, sagte Erdogan.
Dündar, ehemals Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet", war wegen eines Artikels zu Waffenlieferungen des türkischen Geheimdiensts nach Syrien verurteilt worden und lebt in Deutschland im Exil. Erdogan besteht auf der Auslieferung Dündars. "Eigentlich hätte ich an diesem Abend nicht über so etwas reden wollen", sagte er in seiner Rede.
Trotzdem schien die türkische Seite zunächst nicht unzufrieden mit dem Besuch. "Man war ehrlich zueinander. Ich denke, es ist ein Fundament geschaffen worden, auf dem man vieles aufbauen kann", hieß es am späten Abend aus dem Umfeld des Präsidenten. Auch türkische Medien – die meisten auf Regierungslinie – berichteten wohlwollend.
(hd/sg/dpa)