Unter der Ampel-Regierung bekam Deutschland 2021 erstmals einen offizielle Beauftragten für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Per Gesetz wird der oder dem Queerbeauftragten auch politischer Wert zuteil. Über das Amt werden Maßnahmen gegen Diskriminierung sowie gezielte Bildungsarbeit gefördert und spezifische Gesetze entworfen.
Sven Lehmann (Grüne) hatte sich in den vergangenen Jahren im Amt für verschiedene Projekte starkgemacht, unter seiner Mitarbeit entstand auch das Selbstbestimmungsgesetz. Mit Antritt der neuen, unionsgeführten Koalition übernimmt die SPD in Person von Sophie Koch das Amt der Queerbeauftragten.
Die 32-Jährige ist seit Jahren in der queeren Community engagiert, bis 2024 war sie Bildungsreferentin bei der Landesarbeitsgemeinschaft Queeres Netzwerk Sachsen.
Dass sie sich selbst als bisexuell beziehungsweise queer definiert, sah sie gewissermaßen als Voraussetzung für das neue Amt in der Bundesregierung. "Wenn ich es nicht wäre, hätte ich es nicht angenommen", erklärte sie dem "Spiegel" in einem Interview.
Doch gerade in Anbetracht der Zusammenarbeit mit der CDU im Bundestag stehen Koch große Herausforderungen bevor. Im Koalitionsvertrag sind keine konkreten Verbesserungen für die LGBTQIA+-Community vorgesehen.
Familienministerin Karin Prien (CDU) erklärte erst im Februar, ihre Partei wolle "Schluss mit dem woken Kram" machen.
Ob Sophie Kochs Pläne zu diesen "woken Plänen" zählen, ist unklar. Im Gespräch mit dem "Spiegel" nennt sie die Verankerung von queeren Menschen im Grundgesetz als ihr wichtigstes politisches Ziel. Bisher ist in Artikel 3 lediglich die Rede davon, dass "Frauen und Männer" in Deutschland gleichberechtigt sind.
Zusätzlich will sich die neue Queerbeauftragte auch in der Zivilgesellschaft für mehr Sichtbarkeit von für die LGBTQIA+-Gemeinschaft einsetzen. Neben etwa Aufklärung in Schulen, verrät sie dem "Spiegel" eine ganz spezielle Strategie: "Mein Traum wäre eine Bill-Kaulitz-Stiftung, die in Ostdeutschland helfen würde."
Der Sänger der Band "Tokio Hotel" wurde in Leipzig geboren und spricht seit Jahren offen über seine eigene Queerness. Auch Sophie Koch kommt aus Ostdeutschland und hat bereits Anfeindungen aus rechten Kreisen erlebt. Spenden von Personen wie Kaulitz könnten ihr zufolge helfen, queere Akzeptanz zu stärken.
Doch die neue Queerbeauftragte will dabei "nicht mit der Brechstange" vorgehen. Trotz aller Kritik aus konservativen Kreisen und Hasskommentaren gegen queere Politiker:innen blickt sie optimistisch auf die kommenden Jahre.
"Ich sehe in der CDU in der Breite der Partei trotz allem Offenheit für die Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt", sagt Koch dem "Spiegel".