Die Welt steuert politisch und sozial auf immer turbulentere Zeiten zu. Kriege, Wirtschaftskrisen, Naturkatastrophen, Terrorismus und die Kluft in der Gesellschaft zwischen Arm und Reich haben in den vergangenen Jahren tiefe Spuren hinterlassen. Besonders betrifft das diejenigen, die noch lange mit den Folgen der aktuellen Probleme leben müssen: junge Menschen.
Wie sie auf ihr Leben, ihre Perspektiven, Politik und Gesellschaft blickt, ermitteln Soziolog:innen alle fünf Jahre in der Shell-Jugendstudie. Die großangelegte Umfrage unter Menschen in Deutschland zwischen zwölf und 25 Jahren gilt als aussagekräftig und wird in vielen Fachkreisen anerkannt.
Wie sich die Krisen der vergangenen fünf Jahren auf die Einstellungen von jungen Menschen ausgewirkt haben, untermauert die diesjährige Erhebung. Die zeigt ein deutlich stärkeres Interesse an der Politik und infolgedessen eine enorm verstärkte Polarisierung. Am meisten fällt aber eine beunruhigende Entwicklung ins Auge: Junge Menschen haben deutlich mehr Ängste als früher.
Im Vordergrund der Sorgen steht dabei das Thema Krieg in Europa. 81 Prozent der Befragten äußerten ein Gefühl der Bedrohung durch militärische Auseinandersetzung. Im Gegensatz zu 2019 verdoppelte sich diese Angst von vorher 46 Prozent beinahe. Der Grund dürfte vor allem in der Eskalation des Ukraine-Kriegs und der Kriege im Nahen Osten liegen.
Auch die wirtschaftlichen Aussichten sorgen für sprunghaft angestiegene Ängste. Von 52 Prozent steigerte sich die Furcht vor Armut auf 67 Prozent und damit mehr als zwei Drittel der Befragten. Auch diese Entwicklung trägt den realen Zuständen Rechnung, denn die Inflation hatte in den vergangenen Jahren massive Auswirkungen auf Wirtschaft und Kaufkraft in Deutschland.
Auffällig ist, dass sich der Fokus der Befürchtungen junger Menschen deutlich bewegt hat. Denn während sich Ängste bezüglich Kriegen und Armut verstärkt haben, tritt die ökologische Krise in den Hintergrund. Die Soziolog:innen ermittelten, dass sowohl die Angst vor Umweltverschmutzung (von 71 Prozent auf 64 Prozent) als auch dem Klimawandel (von 65 Prozent auf 63 Prozent) abgenommen haben.
Auch bei den Themen Terror und Zuwanderung zeigt die Shell eine Minderung der Ängste. Um 5 Prozent sank die Anzahl der Befragten, die sich vor Anschlägen fürchten, von 66 auf 61 Prozent. Die Furcht vor Immigration ging von 34 auf 33 Prozent zurück.
Dafür steigt ein neues Thema hoch in der Liste der empfundenen Ängste ein. So äußerten 63 Prozent der zwölf bis 25-Jährigen Sorgen im Zusammenhang mit sozialer Ungleichheit. Ähnlich verhält es sich in Bezug auf den gesellschaftlichen Zusammenhang. Hier bekannten 2024 deutlich mehr Befragte Ängste in Bezug auf Feindseligkeiten zwischen den Menschen (64 Prozent) als noch vor fünf Jahren (2019).
Überraschen dürfte viele Beobachter:innen die Entwicklung der empfundenen Ängste in Bezug auf Arbeitslosigkeit und Krankheit. Zwar machen sich heute deutlich mehr junge Menschen Sorgen um ihre wirtschaftliche Situation als vor fünf Jahren, allerdings sank die Furcht, keine Arbeit zu finden von 39 auf 34 Prozent.
Noch verblüffender ist der Blick auf die Einstellung zum Thema Krankheit. Denn noch 2019 äußerten 48 Prozent der Befragten Ängste bezüglich Erkrankungen. Wenig später legte die Corona-Pandemie große Teile des gesellschaftlichen Lebens lahm und stellte das öffentliche Gesundheitssystem vor kaum lösbare Aufgaben. Dennoch sank die Angst vor Krankheiten um 4 Prozentpunkte auf 44.