Manchmal brechen Großereignisse in das Weltgeschehen ein, die ganze Wahlen umwälzen können. So führte etwa die Nuklearkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 schmerzlich die Gefahren von Atomenergie vor Augen, und bescherte den Grünen, die sich am stärksten für das Thema einsetzten, das bis dato historisch stärkste Ergebnis bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg, die wenige Wochen danach stattfand.
Bei der Bundestagswahl 2025 war es ähnlich. Mitten im Wahlkampf tötete in Aschaffenburg ein ausreisepflichtiger Afghane zwei Menschen. Fortan war die Migrationspolitik das bestimmende Thema. Die Union, die als Siegerin aus der Wahl hervorging, versprach einen "Politikwechsel". Von Tag eins, wie der designierte Kanzler Friedrich Merz noch vollmundig versprach. So einfach dürfte es aber nicht werden. Nicht zuletzt, weil die SPD andere Pläne hat.
Was der Union zugutekommt: Die zentralen Ministerien, die die Migration betreffen, liegen in ihrer Hand. Der politische Hardliner Alexander Dobrindt von der CSU besetzt das Innenministerium, Kanzerlamtschef ist Thorsten Frei, enger Vertrauter von Merz.
Zudem ist das Außenministerium zum ersten Mal seit 60 Jahren in der Hand der CDU, Johann Wadephul wird also die Aufgabe zu kommen, den Weg zu einer restriktiveren Migrationspolitik zu ebnen. Dobrindt, Frei, Wadephul – sie alle sind auf Merz-Linie.
Wie "Table Media" allerdings berichtet, gibt es zwei handfeste Baustellen, die das zentrale Vorhaben der Union bremsen dürften. Zum einen ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in der Hand der SPD. Somit könne die Union Entwicklungshilfe nicht als Druckmittel verwenden, um Staaten in der Zuwanderung zur Kooperation zu bewegen.
Die andere Baustelle ist dem Bericht zufolge die Staatsministerin für Integration im Kanzleramt, die die SPD stellen wird. In der SPD, so heißt es, gehe man davon aus, dass Reem Alabali-Radovan, die dem Migrationskurs der Union sehr kritisch gegenüber steht, den Posten behalten dürfte. Sprich: Im Kanzleramt sitzt immer auch eine Stimme, die zur Mäßigung aufrufen dürfte.
Nicht zuletzt werden der Union wohl auch gesetzlich die Mittel eingeschränkt werden. Deutschland ist an die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention gebunden, das Grundrecht auf Asyl kann also nicht nach Belieben limitiert werden.
Auch bedarf es bei Abschiebungen immer ein Land, das die Abgeschobenen wieder aufnehmen möchte. Nicht zuletzt ist Migrationspolitik eine europäische Frage, die Deutschlands Handlungsspielraum einschränkt.
Kurz vor dem Antritt der neuen Regierung hat auch Angela Merkel ihr paradigmatisches "Wir schaffen das" zur Aufnahme von Flüchtlingen noch einmal verteidigt. Der Satz sei ihr oft um die Ohren gehauen worden, sagte die Altkanzlerin im Rahmen des evangelischen Kirchentags.
Aber: "Ich habe damals nicht gesagt, ich schaffe das", betonte Merkel. "Das war mein Vertrauen darin, dass es viele Menschen in Deutschland gibt, die in einer solchen Notsituation helfen. Und die gab es, und darauf können wir stolz sein. Lassen wir uns das nicht nehmen."