Italien weigert sich im Haushaltsstreit mit der EU einzulenken und geht auf Kollisionskurs mit Brüssel. Trotz Protesten und Warnungen der EU-Kommission und aus dem Ausland will die populistische Regierung an ihren umstrittenen Schuldenplänen festhalten.
Die Euro-Finanzminister hatten sich zuletzt hinter die Einschätzung der Kommission gestellt, dass Italien seinen Kurs ändern muss. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte nationale Alleingänge bei der Aufnahme von Schulden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte Italien vor negativen Auswirkungen der Haushaltspläne.
Die Koalition aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega peilt im kommenden Jahr eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung an. Man wolle dafür einstehen, dass dieser Wert eingehalten wird, sagte Di Maio.
Da die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone aber schon jetzt haushoch verschuldet ist, stemmt sich die EU gegen die Pläne. Sie sieht in dem Entwurf einen beispiellosen Verstoß gegen die Euro-Stabilitätsregeln. Diese verpflichten Italien, wegen seiner hohen Schuldenquote seine Gesamtverschuldung in den Griff zu bekommen. Die Koalition will aber teure Wahlversprechen finanzieren – beispielsweise eine Grundsicherung nach dem Vorbild von Hartz IV. Es bleibe bei all diesen Maßnahmen, sagte Di Maio.
"Wir arbeiten an einem Haushalt, der mehr Arbeitsplätze schafft, mehr Recht auf Renten und weniger Steuern, nicht für alle aber für viele. Wenn das Europa gefällt, sind wir zufrieden, wenn nicht, gehen wir unseren Weg dennoch weiter", sagte der Innenminister und zweite Vize-Premier Matteo Salvini vor der Kabinettssitzung. Zuvor hatte Di Maio gesagt, die europäischen Regeln einzuhalten, käme einem "selbstmörderischen Haushalt" gleich, der uns in die Rezession führen würde".
Doch nicht nur die Finanzmärkte überzeugen Roms Pläne nicht. Auch der IWF stellte Italien ein schlechtes Zeugnis aus. "Das reale persönliche Einkommen ist auf dem Niveau von vor zwei Jahrzehnten, die Arbeitslosigkeit liegt im Berichtszeitraum um die zehn Prozent, und die Lebensbedingungen für Menschen mittleren Alters und der jüngeren Generation sind erodiert", heißt es im turnusmäßigen Bericht des Weltwährungsfonds. Der Wegzug von Italienern in andere Länder sei auf einem Fünf-Jahres-Hoch. Der IWF geht davon aus, dass die Neuverschuldung bei 2,66 Prozent im Jahr 2019 liegen und bei 2,8 bis 2,9 Prozent in den Jahren 2020 und 2012.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz erinnerte Italien an seine Verantwortung. Die Wirklichkeit könne sich niemand "wegreden", sagte der SPD-Politiker beim "Wirtschaftsgipfel" der "Süddeutschen Zeitung" in Berlin mit Blick auf die hohe Staatsverschuldung des Landes. Er sei sich sicher, dass die Regierung in Rom wisse, dass die Haushaltsspielräume nicht besonders groß seien.
Der gesunde Menschenverstand müsse stärker sein als irgendwelche Launen, warnte der Präsident des Europaparlaments, Antonio Tajani. Die "Arroganz" führe dazu, dass eine Haltung verteidigt werde, die "wirtschaftlich unhaltbar" sei. Rom riskiere "enorme Schäden für die Italiener in den kommenden Jahren", sagte der Italiener weiter.
Der italienischen Regierung werde es ähnlich ergehen wie dem griechischen Premier Alexis Tsipras, der in der Schuldenkrise auch zunächst Front gegen Brüssel gemacht und dann eingelenkt habe. Weber sagte aber auch: "Ich habe Verständnis für Italien." Dort herrsche eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, weswegen es viele jungen Menschen ohne Perspektive gebe. "Dann verstehe ich den Frust." Und er verstehe, dass manche Italiener Populisten wählten. Man müsse in Europa stärker aufeinander zugehen. Dennoch könne die Regierung in Rom nicht machen, was sie wolle. "Italien kann jetzt nicht Haushalte vorlegen, die dann die ganze Eurozone in Risiko bringen." Dies könne etwa Griechenland oder Spanien in Gefahr bringen, die sich gerade erst von der Schuldenkrise erholt hätten.
(dr/aj/dpa)