In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Rumänien hat überraschend der ultranationalistische und prorussische Kandidat Călin Georgescu gewonnen. Unter anderem wegen seiner Beliebtheit auf Tiktok schnitt er wohl besonders gut bei jungen Menschen ab.
Jetzt beschloss das rumänische Verfassungsgericht, dass alle Stimmzettel neu ausgezählt werden müssen. Zwei der unterlegenen Präsidentenkandidaten hatten die Wahl angefochten. Grund dafür ist, dass Georgescu seine Wahlkampffinanzierung nicht offengelegt habe.
Und auch Tiktok steht in Rumänien dafür in der Kritik, wie es mit politischen Inhalten umgegangen ist. Der Vizepräsident der rumänischen Behörde für die Verwaltung und Regulierung der Kommunikationsbranche (ANCOM), Pavel Popescu, kündigte bereits an, Tiktok wegen Wahlmanipulation verbieten zu wollen.
Jetzt schaltet sich die EU-Kommission in diesen Streit ein. Laut einem Bericht von "Politico" lädt sie sowohl Vertreter:innen von Tiktok als auch der rumänischen Behörden zu einem Gipfeltreffen ein. Tiktok gehört zum chinesischen Technologieriesen ByteDance. Das Treffen soll noch vor der geplanten zweiten Runde der Präsidentschaftswahl am 8. Dezember stattfinden.
In einem Brief, der "Politico" vorliegt, wies Tiktok die Vorwürfe zurück, zur Beeinflussung der rumänischen Wahlen benutzt worden zu sein. "Bis heute haben wir keine Beweise für weder eine verdeckte Operation auf unserer Plattform in den letzten Wochen für die laufenden Präsidentschaftswahlen in Rumänien gefunden, noch für eine ausländische Beeinflussung", so die Plattform in dem Schreiben an die rumänischen Behörden.
Tiktok fügte hinzu, dass es über 150 Konten, die sich als Georgescu ausgaben und mehr als 650 Konten, die mit anderen Kandidat:innen in Verbindung standen, entfernt habe.
Der Sprecher der Europäischen Kommission, Thomas Regnier, bestätigte, dass Rumänien die EU-Exekutive gebeten hat, "eine formelle Untersuchung der Rolle von Tiktok bei den rumänischen Wahlen" einzuleiten. Als gesetzlicher Rahmen dafür dient der Digital Services Act – das wichtigste europäische Gesetz zur Regulierung von Social Media.
ANCOM-Vizepräsident Popescu behauptet, dass tausende aus dem Ausland finanzierte Accounts daran arbeiteten, Georgescus Botschaft zu verbreiten. Beobachter:innen vermuten, dass aufgrund Georgescus Putin-freundlicher Einstellung Russland hinter der Finanzierung stecken könnte.
Georgescu weist die Vorwürfe zurück und erklärt, er habe seine Kampagne mit "Null" Finanzmitteln betrieben. Expert:innen halten das für unwahrscheinlich. Eine solche Online-Kampagne sei nicht ohne beträchtliche Finanzmittel möglich. Zudem sagten mehrere rumänische Influencer:innen aus, für Werbung für Georgescu bezahlt worden zu sein. Meinungsforscher:innen konnten seinen Erfolg nicht voraussagen und auch die Nachwahlbefragungen ließen das Ergebnis nicht erahnen.
Gegen Georgescu wird in Rumänien aktuell wegen Verherrlichung von Kriegsverbrechern und markanten Figuren der als "Legionäre" bekannten rumänischen Faschisten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs ermittelt.
(Mit Material von dpa)