It's still a no!
Die Appelle haben nichts genützt, die Drohungen nicht und auch nicht die Vision vom Beginn einer "strahlenden Zukunft" für Großbritannien, die Premierministerin Theresa May immer wieder beschworen hat. Das Unterhaus hat wieder Nein gesagt. Der Brexit-Deal mit der Europäischen Union ist abgeschmettert.
Und nun, Britannia?
Die Verlängerung der zweijährigen Austrittsfrist über Ende März hinaus ist nach Artikel 50 des EU-Vertrags durchaus möglich und politisch letztlich auch wahrscheinlich. Allerdings müssten die 27 bleibenden EU-Staaten einen britischen Antrag einstimmig billigen. Und die wollen ein solches Anliegen nach eigenem Bekunden nicht einfach durchwinken. "Die EU27 wird eine glaubwürdige Begründung für eine mögliche Verlängerung und ihre Dauer erwarten", erklärte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Dienstagabend über einen Sprecher.
Eine Hürde ist der Termin für die Europawahl vom 23. bis 26. Mai: Als EU-Mitglied müsste Großbritannien am 2. Juli Abgeordnete zur konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments schicken. Denkbar sind deshalb zwei Varianten: eine kurze Verlängerung um wenige Wochen - in der Hoffnung auf eine Wende oder Lösung in London. Oder eine längere Verschiebung als eine Art Denkpause.
May bekannte selbst, dass eine Verschiebung "ohne Plan" die Probleme kaum mindern würde. Niemand kennt eine Alternative zu dem abgelehnten Abkommen, und in wenigen Wochen wäre auch kein neues auszuhandeln. Am Ende der verlängerten Austrittsfrist würde doch nur wieder die Drohung eines Chaos-Brexits stehen, sagte May und resümierte: "Die Optionen sind trostlos." Man begebe sich in die Hand der EU. Entschieden werden könnte beim EU-Gipfel Ende nächster Woche.
Der Europäische Gerichtshof hat den Weg aufgezeigt: Die britische Regierung könnte ihren 2017 gestellten Austrittsantrag bis zuletzt einseitig zurückziehen. Politisch gilt das jedoch als unwahrscheinlich. Nötig wäre wohl ein zweites Referendum, um so eine Kehrtwende zu legitimieren. May ist strikt dagegen und warnt vor einem Vertrauensverlust in die Demokratie, nachdem die Briten 2016 mit knapper Mehrheit für den EU-Austritt gestimmt hatten.
Die Labour-Opposition ist für eine neue Volksabstimmung, mobilisiert aber bisher im Unterhaus keine Mehrheit dafür. Einige in der EU sehen das trotzdem als Option. "Für eine erneute Befragung der Bevölkerung spricht auch, dass - anders als im Jahr 2016 - die Brexit-Folgen heute deutlich klarer sind: keiner der versprochenen Vorteile, aber Unsicherheit und Arbeitsplatzverluste", meinte zum Beispiel der SPD-Europaabgeordnete Jens Geier. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sieht immerhin auch eine gestiegene Wahrscheinlichkeit, dass der Brexit ausfällt.
Auch die Gefahr eines Ausscheidens ohne Abkommen ist aus Sicht der EU größer geworden - zumal es am Dienstag nur noch 17 Tage bis zum Brexit-Datum waren. Sowohl May als auch die EU stemmen sich wegen des befürchteten Chaos gegen dieses Szenario.
Doch wenn Großbritannien und die EU nicht aktiv die Bremse ziehen, endet die britische EU-Mitgliedschaft automatisch am 29. März um 24.00 Uhr Brüsseler Zeit. Auch im britischen EU-Austrittsgesetz ist dieses Datum als Brexit-Termin festgeschrieben und müsste gestrichen werden. Eine Mehrheit im Unterhaus hat einen Brexit ohne Vertrag bereits einmal abgelehnt. Fehlt nun nur noch die Ansage, was sie stattdessen will.
(pb/dpa)