Selten bieten die ARD-Sommerinterviews wirklich spannende Momente. Bissige Fragen sind rar, Politiker:innen verlieren kaum Bodenhaftung, weshalb das Ganze für viele den Spannungsbogen eines Bürgerbüro-Besuchs aufweist.
Substanziell bringen die Interviews nicht viel hervor. Während Parteien wie SPD, CDU und Grüne kaum profitieren, bekommt die in Teilen rechtsextreme AfD dadurch Legitimation, sind kritische Stimmen überzeugt. Proteste gegen das Sommerinterview mit der Vorsitzenden Alice Weidel sollten das verhindern. Alles unterstützt vom Zentrum für Politische Schönheit. Jetzt äußert sich das Bündnis dazu.
Musik, Trillerpfeifen, Hupen: Die Geräuschkulisse beim Sommerinterview war wild. Weidel und der Moderator Markus Preiß versuchten dagegen anzusprechen, mit überschaubarem Erfolg.
Trotz der Störaktion gab es keinen Abbruch. Die volle Distanz kämpften sich die Gesprächspartner durch eine schier undurchdringliche Soundkulisse. Gerade wegen dieser skurrilen Situation finden Weidels Antworten in der Nachberichterstattung kaum Platz.
"Es dürfte schon jetzt das Fernsehinterview des Jahres sein. Die Anführerin einer rechtsextremen Partei wird in der Prime Time interviewt und kann nichts verstehen", sagt Philipp Ruch vom Zentrum für Politische Schönheit gegenüber watson.
Für Ruch ist das ein Erfolg, einer mit einem bitteren Beigeschmack. "Manchmal sind die Ergebnisse klüger als ihr Plan. Wir haben hier ein völlig surreales Loriot-Interview", sagt er. "Der Journalist versteht weder sich selbst, noch den neuen Faschismus, aber er macht einfach weiter. Das ist das perfekte Sinnbild für den Zustand unserer Gesellschaft."
Die ARD steht regelmäßig in der Kritik, AfD-Politiker:innen Platz in den Sommerinterviews einzuräumen. Die Hauptargumente: Es werde eine Partei normalisiert, deren Kernanliegen von Rassismus, Armenhass und Kapitalnähe durchsetzt sind. Weidels Antworten im Sommerinterview, die jedes vom Moderator angesprochene Problem auf Migration zurückführte, entkräften diese Argumente nicht.
Eine gezielte Störaktion bei einem Sommer-Interview ist einmalig, sorgte so für einen einzigartigen Fernseh-Moment. Ruch spricht, passend zum Namen des Bündnisses, von einer "Verschönerung des Moments".
Für den Sender war die Aktion alles andere als schön. Der kündigte Konsequenzen an, ohne diese genauer zu benennen. Auch die AfD ist unzufrieden und fordert eine Wiederholung des Gesprächs. Für das Zentrum für Politische Schönheit geht hingegen die Arbeit weiter. "Die Liste an möglichem Widerstand gegen die AfD ist relativ lang."
Vergleichbare Aktionen könnten sich schwierig gestalten. Die Polizei hat nach AFP-Informationen bereits ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Ein Vorwurf gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz liege vor. Der Protest sei nicht angemeldet worden.