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Gaza: NGO Ärzte ohne Grenzen alarmiert – Helfer von Hunger bedroht

dpatopbilder - 28.05.2025, Pal
Die Zahl der Todesfälle im Gazastreifen durch Folgen von Hunger steigt.Bild: ZUMA Press Wire / Omar Ashtawy
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Hunger in Gaza: Ärzte ohne Grenzen alarmiert über Situation ihrer Helfer

Zu der Bevölkerung im Gazastreifen kommen kaum Hilfsgüter durch, und wenn, bricht bei der Verteilung Chaos aus. Helfer:innen sind davon ebenso betroffen wie der Rest der Bevölkerung.
24.07.2025, 17:1524.07.2025, 17:15
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Die humanitäre Lage im Gazastreifen spitzt sich weiter zu. Nach Angaben des UN-Menschenrechtsbüros sind bereits mehr als 1000 Menschen beim Versuch, an Lebensmittel zu kommen, gestorben. Die Menschen sterben nicht nur an den Bomben und Kugeln – die Todesfälle aufgrund von Unterernährung würden täglich ansteigen, sagt der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Tedros Adhanom Ghebreyesus.

Auch Helfer:innen finden nicht genug Lebensmittel: Ärzte ohne Grenzen berichtet, dass es nicht mehr ausreichend Nahrung gebe – weder für die betreuten Patient:innen, noch für die Mitarbeitenden selbst.

Das hat gravierende Folgen. "Wer selbst hungert und dadurch geschwächt ist, kann sich weniger gut um andere Menschen kümmern", sagt Christian Katzer, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland, gegenüber watson. Es sind Berichte von Kolleg:innen, die er hier weitergibt.

Ärzte ohne Grenzen: Kollegen vor Ort leiden an Hunger

Die Helfer:innen vor Ort "leisten teils Übermenschliches", sagt er. "Sie stecken all Ihre Energie in die Versorgung von Kranken und Verletzten und können sich teils selbst kaum noch auf den Beinen halten." Hinzukommt, dass viele von ihnen auch Familienmitglieder haben, die sie versorgen müssen.

Wie der Rest der Bevölkerung müssen die Helfer:innen versuchen, sich über lokale Händler:innen mit Lebensmitteln zu versorgen. Das ist nicht nur teuer, es gibt auch kaum noch was. "Die Märkte sind leer", sagt Katzer.

Viele Anwohner:innen berichten, dass sie nur noch einmal am Tag etwas essen können. Katzer berichtet, dass dies auch bei den Kolleg:innen seit Monaten der Fall ist. Inzwischen hätte die Organisation gehört, dass viele von ihnen die Mahlzeiten weiter reduziert hätten – oft auf eine in zwei Tagen.

Gaza: Gesundheit der Menschen verschlechtert sich weiter

Dabei gebe es Tonnen an Hilfsgütern, die gelagert in Lkw vor dem abgeriegelten Küstenstreifen nur darauf warten, hineingelassen zu werden. "Die Hilfsorganisationen im Gazastreifen sind gut aufgestellt, diese Hilfsgüter zu verteilen", sagt Katzer. "Man muss sie nur lassen!"

Derweil verschlechtert sich der gesundheitliche Zustand der Menschen weiter. Denn die lang anhaltende Situation des Mangels führt dazu, dass die Anfälligkeit für Krankheiten steigt; durch das geschwächte Immunsystem erholt man sich außerdem schlechter von Verletzungen und Krankheiten, erläutert er.

Ärzte ohne Grenzen wiederholt Appell von Hilfsorganisationen

Ärzte ohne Grenzen ist eine der mehr als 100 Hilfsorganisationen, die in einem Appell den Zugang zu hungernden Menschen fordern. Die Vorräte seien vollständig aufgebraucht, Organisationen müssten daher mit ansehen, "wie ihre eigenen Kollegen und Partner vor ihren Augen dahinsiechen", steht in der Erklärung.

Ein Hilferuf kommt auch von der Gewerkschaft der Nachrichtenagentur AFP – denn auch Journalist:innen sind vom Hungertod bedroht.

Die internationalen Regierungen sollten einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand fordern, heißt es in der Erklärung der Hilfsorganisationen. Christian Katzer von Ärzte ohne Grenzen sieht auch die deutsche Bundesregierung in der Pflicht:

"Sie sollte den Druck auf die israelische Regierung erhöhen. Damit diese endlich wieder ausreichende Hilfen an die Zivilbevölkerung zulässt, wie es das Völkerrecht gebietet."

Die Kritik an dem Vorgehen der Bundesregierung hat zuletzt zugenommen. Mehr als 30 Länder haben laut "Tagesschau" eine Erklärung unterzeichnet, in der sie ein Ende des Krieges fordern. Deutschland gehört nicht dazu.

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