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FDP wirbt um Gen Z: Tiktok zwischen Schadenfreude und Cringe für Dürr

09.04.2024, Berlin: Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP, spricht bei einem Pressestatement vor Beginn der Fraktionssitzung im Bundestag. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Amthors Nachfolger: Christian Dürr teilte auf Tiktok ein Video in "Jugendsprache". Bild: dpa / Michael Kappeler
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FDP-Politiker Dürr tappt in jedes Fettnäpfchen bei Gen-Z-Annäherungsversuch

23.10.2024, 19:31
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Politik ist oft nur schwer von Theater zu unterscheiden. Die hohe Kunst, das Publikum zu fesseln und gleichzeitig überzeugende Argumente hervorzubringen, hat aber nicht jeder Politiker im Repertoire. Wer viel wagt, kann auch viel verlieren. Vor allem, wer sich neuen Wählergruppen anbiedern will, begeht einen Drahtseilakt.

"Rezo, du alter Zerstörer", klingt in dem Kontext noch vielen Beobachter:innen in den Ohren. Nur mit einem Machtwort konnte Angela Merkel einst Philipp Amthor zurückpfeifen, bevor er die ganz CDU der Lächerlichkeit preisgab. Insofern scheinen FDP-Vorstand Christian Lindner allmählich die Zügel zu entgleiten.

Denn, was sein Fraktionschef Christian Dürr auf den sozialen Medien fabrizierte, sorgt nicht nur bei der Gen Z für Spott und Häme. Das mildeste Urteil lautete dabei "Aura minus".

Junge Wählergruppen mobilisieren: FDP erntet viel Häme im Internet

Nach drei Jahren in der Ampel-Koalition ist die Bilanz der FDP ausbaufähig. Viel vorzuweisen haben die Liberalen nicht, wenn es darum geht, junge Wählergruppen zu mobilisieren.

Finanzminister Lindner blockiert beispielsweise mit der Schuldenbremse Investitionen in die Zukunft. Justizminister Marco Buschmann macht sich unbeliebt, weil seine Politik die Interessen von Vermietern über die der Mieter stellt.

Die Konsequenz: Die Umfragewerte gingen in den Keller. Nicht nur bei der Jugend, aber besonders da. Bei der Bundestagswahl holte man noch sensationelle 23 Prozent bei den unter 25-Jährigen. Bei der Europawahl 2024 stürzte die Zustimmung laut ARD und Umfrageinstitut Dimap dramatisch auf 7 Prozent ab in der Altersgruppe.

Um die Jugend abzuholen, setzt die FDP daher auf eine Charmeoffensive. Auserkoren, um die Gen Z wieder auf die Seite der Liberalen zu ziehen, wurde der 47-jährige Jurist aus Delmenhorst.

Tiktok-Video aus der Hölle: Fraktionschef Dürr verdient sich "Aura minus"

In einem Promo-Video für die sozialen Medien setzt Dürr den Ton gleich zu Anfang und beschreibt den Bundestag als Ort, wo der "Realtea stattfindet". Es folgt eine Lawine an vermeintlichen Phrasen und Begriffen aus der Jugendsprache. So wird im Parlament Politik "nicht auf lowkey, sondern Full Power" betrieben.

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Dürr beschreibt die Fraktionen im Plenarsaal als "Squad Goals", die Bundesregierung als "OGs, die versuchen, die Vibes stabil zu halten". Auch Lindner erhält das Ehrensiegel "OG". Dabei feuert er seinen Vorgesetzten mit einem affektierten "Pop of King" an – Schreibfehler im Subtitel inklusive.

Während Dürr viel Pathos in seine Präsentation steckt, merkt man ihm das Fremdeln mit der Rolle an. Denn in dem 75-sekündigen Video widersprechen sich mehrmals Untertitel und Ansage. Einige seiner einstudierten Slogans wie "immaculate Vibes" gehen trotz offensichtlich gepflegter Englischkenntnisse daneben.

Auf der Jagd nach Fettnäpfchen: Gen Z lacht über Video

Zwar wird das Video zum Start angeteastert mit einem "POV: Der GenZ-Mitarbeiter schreibt das Skript". Den Ton der Jugend verfehlt Dürr mit seinem Versuch nach Meinung der User:innen in den sozialen Medien aber deutlich. Journalist Claas Gefroi, der das Video auf X geteilt hat, urteilt in der Überschrift: "Definiere Fremdscham. FDP stabil auf Kurs 0,5%."

Noch härter ging die eigentliche Zielgruppe des Videos auf Tiktok mit den Schöpfern des Clips ins Gericht. Ein User merkte mit Blick auf den Digitalisierungs-Slogan von 2021 trocken an: "Das kommt also bei "Bedenken second" raus."

Mit einem Seitenhieb auf den Versuch von Kanzler Scholz, auf Tiktok Fuß zu fassen, kommentierte ein anderer Nutzer: "Ich will die Aktentasche von Scholz zurück, die redet wenigstens nicht". Gleich mehrfach übten die User:innen zudem ihre Häme mit einem "Ok, Boomer"-Urteil.

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