Zwischen den Medizinern und Jens Spahn gibt es einige Konfliktpunkte. Grund ist ein neuer Gesetzesvorschlag des Gesundheitsministers.imago/gettyimages-montage
Gesundheit & Psyche
Spahn plant sein erstes großes Ärztegesetz – und die Mediziner wetzen die Messer
20.01.2019, 10:0620.01.2019, 11:54
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Gut gelaunt spaziert Jens Spahn in
die Höhle des Löwen. Drinnen warten knapp 200 Ärzte aus ganz
Deutschland auf ihn, die nicht einverstanden damit sind, wie der
Minister ihre Branche umkrempeln will.
Der CDU-Politiker hat sich
deshalb für die Konfrontation entschieden: An diesem Freitag im
Januar nimmt er sich knapp zwei Stunden Zeit, um sich bei einer
Veranstaltung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Berlin seinen
Kritikern zu stellen.
Sein Terminservicegesetz, das TSVG, das selbst laut Spahn "ein bisschen wie ein Sportverein" klingt, hat eigentlich einen simplen Kern: Gesetzlich versicherte Patienten sollen schneller und einfacher Arzttermine bekommen. Die Ärzte sollen längere Sprechstunden anbieten und sich besser über das Land verteilen. Dafür winkt ihnen mehr Geld. Seit der ursprünglichen Fassung des Gesetzes, das im Dezember erstmals im Bundestag diskutiert wurde, sind viele Änderungsanträge hinzugekommen.
Spahn wolle zu viel regeln – und am liebsten alles auf einmal.
Dieser
Vorwurf klingt in vielen Kommentaren durch, die in Berlin von den
Medizinern zu hören sind. Viele der niedergelassenen Ärzte fürchten
Einschnitte in ihre individuellen Arbeitsabläufe und die Organisation
ihrer Praxen. "Das ist so, als wenn Sie gesagt hätten: Ab morgen
müssen die Ärzte täglich ihre Unterwäsche wechseln", nörgelt ein
Hausarzt.
Spahn signalisiert Offenheit, macht aber auch seine Positionen klar:
"Ich bin ein großer Freund von Subsidiarität und Selbstverwaltung.
Aber manchmal muss Politik eingreifen." Es werde etwa bei den 25
Stunden bleiben, die Ärzte gesetzlich Versicherten pro Woche zur
Verfügung stellen sollen. Dieser Punkt stehe im Koalitionsvertrag.
Es gibt einige Streitpunkte
Die Ärzte, die zum Teil Hunderte Kilometer angereist sind,
beschäftigt auch die Frage, wie ihre Praxen künftig über die Republik
verteilt werden sollen. "Es gibt eben einen Unterschied zwischen
Mainz und dem - wie heißt denn das da alles - Hunsrück", sagt Spahn.
"Wenn man sagt "Sie können sich überall niederlassen", gehen noch
mehr nach Mainz." Dieser Versuch, den Plan für eine ausgewogene
Verteilung von Ärzten auf Stadt und Land zu erläutern, stößt nicht
durchweg auf Begeisterung. "Geh doch selber dahin, du Heini", murmelt
jemand.
Immer wieder locken die Ärzte den Minister aus der Reserve. "Ihr
müsst Euch auch mal entscheiden, was Ihr eigentlich wollt", ruft
Spahn fast verzweifelt, als jemand Strafzahlungen von 50 Euro
verlangt, um trotz Termin ausbleibende Patienten zu sanktionieren.
Mehrmals erhebt er Vorwürfe gegen die Ärzteschaft mit dem
augenzwinkernden Zusatz, alle Anwesenden seien selbstverständlich
davon ausgenommen. Doch auch der Ton, den die Ärzte untereinander
anschlagen, ist zuweilen rau. Buh-Rufe und nervöses Raunen gehen
durch den Saal, wenn ein Kollege am Mikrofon etwas zu weit ausholt.
Spahn selbst gibt sich immer wieder Mühe, auch sanfter zu klingen und
Kompromissbereitschaft zu signalisieren. "Wenn der Eindruck hängen
geblieben ist, der Gesundheitsminister wird nicht morgens wach, um
Sie zu ärgern, dann hat es sich schon mehr als gelohnt."
Ob und wie die Sorgen und Nöte der Mediziner Eingang in das Gesetz
finden werden, ist offen. Über das Vorhaben wird noch eine Weile im
Bundestag verhandelt. Spätestens im Frühsommer soll es für Ärzte und
Patienten zum Alltag werden.
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