Nach Syrien abschieben? Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (rechts) will das, Bundesinnenminister Horst Seehofer will das zumindest prüfen.Bild: imago/reuters/montage: watson
Mehrere Unionspolitiker haben in den vergangenen Wochen gefordert, Abschiebungen nach Syrien zu prüfen. Ein Lagebericht des Auswärtigen Amts stellt jetzt klar: Rückkehrenden Flüchtlingen drohen dort Vergewaltigung, Folter und Tod.
Der Lagebericht ist bereits eine Woche alt, er ist jedoch als Verschlusssache eingestuft. Sein Inhalt ist eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Die "Süddeutsche Zeitung", die Fernsehsender NDR und WDR und das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" veröffentlichten nun trotzdem Details aus dem Bericht.
Das sind die wichtigsten Punkte:
Kein Teil Syriens sei für Rückkehrer sicher.
Männliche Rückkehrer im wehrpflichtigen Alter (18 bis 42 Jahre) würden nach ihrer Rückkehr in der Regel zum Militär eingezogen, vorher jedoch oft noch für mehrere Monate wegen Desertion inhaftiert.
Folter mache in Syrien auch vor Kindern nicht halt. So seien "zahllose Fälle dokumentiert, bei denen einzelne Familienmitglieder, nicht selten Frauen und Kinder, für vom Regime als feindlich angesehene Aktivitäten anderer Familienmitglieder inhaftiert und gefoltert wurden".
Insgesamt weist der Bericht seit 2011 rund 13.000 bestätigte Todesfälle nach Folter aus.
Schließlich fänden "Vergewaltigungen, Folter und systematische Gewalt gegen Frauen von Seiten des syrischen Militärs und alliierter Gruppen unter anderem an Grenzübergängen, militärischen Kontrollstellen und in Haftanstalten" statt.
Die Zwangsrekrutierung von Kindern zum Militärdienst sei seit 2014 stetig gestiegen.
Rückkehrende Flüchtlinge hätten in Syrien einen besonders schweren Stand, heißt es laut den Medien im Lagebericht:
"Innerhalb der besonders regimenahen Sicherheitsbehörden, aber auch in Teilen der vom Konflikt und der extremen Polarisierung geprägten Bevölkerung gelten Rückkehrer als Feiglinge und Fahnenflüchtige, schlimmstenfalls sogar als Verräter beziehungsweise Anhänger von Terroristen."
Bayerischer Innenminister will nach Syrien abschieben
Erst in der vergangenen Woche kündigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann an, künftig "Straftäter und Gefährder" nach Syrien abschieben zu wollen. "Wer solche schweren Straftaten begeht, kann doch nicht ernsthaft erwarten, dass er bei uns Schutz und Hilfe findet", sagte der CSU-Politiker der "Rheinischen Post". Solche Leute seien ein Sicherheitsrisiko. Herrmann kündigte an, sich bei der Innenministerkonferenz Ende des Monats dafür einzusetzen, syrische Straftäter und Gefährder außer Landes zu bringen, sobald es die Lage erlaube.
Laut Herrmann ist die Lagebewertung in Syrien ein Thema bei der Innenministerkonferenz Ende November in Magdeburg. Ende Dezember läuft der derzeitige Abschiebestopp nach Syrien aus.
Seehofer will Abschiebungen nach Syrien nicht grundsätzlich ausschließen
Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer kündigte in der vergangenen Woche an, Abschiebungen nach Syrien nicht mehr grundsätzlich ausschließen zu wollen. "Das ist bei uns im Ministerium in der strengen Prüfung", sagte der Minister den Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland". Aus der Linkspartei und von Pro Asyl wurde Seehofer dafür scharf kritisiert.
Unterstützung erhielt Seehofer dagegen vom sächsischen Innenminister Roland Wöller (CDU) und dem CDU-Innenpolitiker Mathias Middelberg. "Es ist richtig, dass der Bundesinnenminister die Abschiebung von Schwerstkriminellen und Gefährdern jetzt auch für Syrien auf den Prüfstand stellt", erklärte Middelberg. In Teilen Syriens sei ein Rückgang der militärischen Gewalt zu verzeichnen.
(fh/dpa/afp)
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