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Hamas-Geiseln nach über zwei Jahren frei – Tausende feiern in Tel Aviv

Gali und Ziv Berman wurden als Geiseln im Gazastreifen gehalten, getrennt voneinander. Erst heute trafen sie sich wieder.
Gali und Ziv Berman wurden als Geiseln im Gazastreifen gehalten, getrennt voneinander. Erst heute trafen sie sich wieder. Bild: Government Press Office / Government Press Office
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Geiseln nach 738 Tagen freigelassen – ein Hoffnungsschimmer im Nahost-Konflikt

Nach mehr als zwei Jahren in Geiselhaft sind die von der Hamas festgehaltenen Israelis wieder frei. Die Übergabe lief über das Rote Kreuz, in Tel Aviv feiern Tausende. Doch trotz der Erleichterung bleibt die Lage angespannt.
13.10.2025, 10:0913.10.2025, 12:07

Was die israelischen Geiseln in den vergangenen zwei Jahren im Gazastreifen erlebt haben müssen, ist wohl kaum vorstellbar: Lebenszeichen von ihnen gab es nur wenige. Und wenn, dann waren sie für die Angehörigen kaum auszuhalten. Videos zeigten häufig flehende Menschen, abgemagert und verletzt.

Am Montagmorgen wurden schließlich alle noch lebenden Geiseln von der Hamas freigelassen. Sie befinden sich mittlerweile in der Obhut der israelischen Armee.

In Tel Aviv haben sich Menschenmassen versammelt, um diesen historischen Moment mitzuerleben.

Auf dem "Platz der Geiseln" im Zentrum der Stadt feiern Tausende, als sich die Nachricht verbreitet. Viele weinen, umarmen sich, halten Plakate mit Fotos der Verschleppten in die Höhe. Nun sind die ersten Fotos der friegelassenen Geiseln aufgetaucht.

Israel: Die ersten sieben Geiseln sind in Sicherheit

Nach Angaben des israelischen Militärs wurden die Freigelassenen dem Roten Kreuz übergeben und anschließend in israelische Obhut gebracht. Einige von ihnen besitzen neben der israelischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie sind bereits wieder in Israel.

Im Militärlager Reim am Rand des Gazastreifens sind medizinische Untersuchungen und erste Treffen mit Angehörigen geplant. Danach sollen die Freigelassenen in Krankenhäuser gebracht werden.

Wie das Militär mitteilt, ist jedoch unklar, ob die Hamas auch die Leichname von 28 getöteten Geiseln innerhalb der vereinbarten 72-Stunden-Frist übergeben kann.

13.10.2025, Israel, Kibbuz Reim: Menschen reagieren, als ein Konvoi mit den aus dem Gazastreifen freigelassenen Geiseln auf einem Militärstützpunkt in der Nähe von Reim im Süden Israels eintrifft. Fot ...
Menschen jubeln, als ein Konvoi mit den freigelassenen Geiseln vorbeifährt.Bild: AP / Leo Correa

Das Abkommen: Trump vermittelt, Israel gibt 2000 Häftlinge frei

Die Freilassung ist Teil eines von US-Präsident Donald Trump vermittelten Abkommens, das seit Freitag gilt. Im Gegenzug soll Israel rund 2000 palästinensische Häftlinge entlassen, darunter etwa 250, die zu lebenslanger Haft verurteilt wurden.

Trump bezeichnete den Moment als historischen Durchbruch: "Der Krieg ist zu Ende", sagte er an Bord der Air Force One auf dem Weg nach Israel. Er gehe davon aus, dass die Waffenruhe halte. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu äußerte sich dagegen zurückhaltender: "Der Kampf ist noch nicht vorbei. Es liegen große Sicherheitsherausforderungen vor uns."

13.10.2025, Israel, Tel Aviv: US-Präsident Donald Trump (l) spricht mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei seiner Ankunft am Ben-Gurion-Flughafen in der Nähe von Tel Aviv. Foto: Ariel Sc ...
Donald Trump und Benjamin NetanjahuBild: AP / Ariel Schalit

Während seines weniger als vierstündigen Besuchs in Israel sollte Trump voraussichtlich mit Geiselangehörigen zusammentreffen und in Jerusalem eine Rede vor der Knesset, dem israelischen Parlament, halten. Zudem sollte Trump nach Angaben von Staatschef Herzog die israelische Ehrenmedaille des Präsidenten verliehen bekommen, die höchste zivile Auszeichnung des Landes.

In einer Videoansprache sprach Netanjahu von einem "historischen Ereignis", das zugleich "ein Tag der Freude und der Trauer" sei. Freude über die Rückkehr der Entführten, Trauer über die Freilassung von Menschen, die "unsägliches Leid über unser Land gebracht haben".

Feier in Israel – Skepsis im Hintergrund

Trump will im Laufe des Tages in Israel Angehörige der Geiseln treffen und vor der Knesset sprechen. Am Nachmittag soll in Scharm el-Scheich eine "Nahost-Friedenszeremonie" stattfinden, mit über 20 Staats- und Regierungschefs, darunter auch Bundeskanzler Friedrich Merz.

"Alle jubeln gleichzeitig. Das ist noch nie zuvor passiert", sagte Trump kurz vor dem Abflug. "Normalerweise jubelt einer, während der andere das Gegenteil tut."

People react as they gather to watch a live broadcast of Israeli hostages released from Gaza at a plaza known as hostages square in Tel Aviv, Israel, Monday, Oct. 13, 2025. The release took place as p ...
In Tel Aviv herrscht aktuell Hoffnung, Erleichterung und Anspannung. Bild: AP / Oded Balilty

Doch trotz des Jubels bleibt die Lage instabil. Israel kontrolliert weiterhin rund die Hälfte des Gazastreifens. Ob die Waffenruhe hält, ist offen, ebenso wie die Umsetzung zentraler Punkte des Friedensplans: die Entwaffnung der Hamas und ein vollständiger Abzug der israelischen Truppen.

Gaza: Zwischen Zerstörung und Aufatmen

Im Gazastreifen ist die humanitäre Lage katastrophal. Nach UN-Angaben dürfen seit Beginn der Waffenruhe täglich etwa 600 Lastwagen mit Hilfsgütern einfahren – das Minimum, um die Bevölkerung mit Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen. Israelische Sicherheitskreise sprechen zudem von ersten Reparaturen an Wasserleitungen, Abwassersystemen und Bäckereien.

Gleichzeitig bleibt die Region ein Trümmerfeld: weite Teile sind zerstört, Blindgänger liegen in den Straßen, hunderttausende Menschen sind obdachlos.

Ob dieser Tag den Beginn eines dauerhaften Friedens markiert, bleibt ungewiss. Zwei Jahre nach dem schlimmsten Massaker in Israels Geschichte ist der Schmerz noch immer allgegenwärtig. Sowohl in Israel als auch bei der Bevölkerung im Gazastreifen. Die Freilassung der ersten Geiseln bringt Hoffnung. Doch die Wunden des Krieges sind tief, und die Frage bleibt, ob sie sich jemals schließen lassen.

Krieg in der Ukraine: Zwangsrekrutierter wird Saboteur im russischen Militär
Russland zwingt Ukrainer aus besetzten Gebieten wie Cherson oder der Krim zum Kriegsdienst – ein Vorgehen, das laut Human Rights Watch als Kriegsverbrechen gilt. Einer von ihnen ist Dmytro. Nach seiner Einberufung schließt er sich einer Partisanengruppe an und beginnt, die russische Armee von innen heraus zu sabotieren.
Um ihre Bataillone aufzufüllen, zwingt Russland auch Menschen aus Cherson, Saporischschja und der Krim zum Kriegsdienst – alles besetzte Gebiete. Damit schickt die Besatzungsmacht Ukrainer:innen an die Front.
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