Das Verhältnis des Chefs der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, und dem Kreml gleicht einer Achterbahnfahrt. Im einen Moment kritisiert Prigoschin das Verteidigungsministerium und Minister Sergei Shoigu aufs härteste – im nächsten ist alles wieder rosig.
Prigoschin gilt als Wladimir Putins Mann fürs Grobe. Seine Söldnergruppe hat den Ruf, auf Menschenrechte zu pfeifen und Kriegsverbrechen en masse zu begehen. Nun aber hat die "Washington Post" Vorwürfe gegen Prigoschin veröffentlicht, die an seiner Integrität zweifeln lassen.
Die Zeitung bezieht sich dabei auf Informationen aus den Pentagon-Leaks. Konkret geht es wohl darum, dass Prigoschin im Januar einen Deal mit der Ukraine aushandeln wollte. Inhalt des Deals: Die Stadt Bachmut.
Prigoschin und seine Wagnergruppe belagern die umkämpfte Stadt in der Ostukraine seit Monaten. Mitte Mai schlug der Wagner-Chef Alarm: Seiner Söldnertruppe drohe eine Einkesselung. Und Moskau unternehme nichts, obwohl ihm Schoigu Flankenschutz zugesagt hätte.
Zugleich halte der Munitionsmangel seiner Einheiten an, "weil die Versprechungen des Verteidigungsministeriums nicht erfüllt wurden". Er lud Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu nach Bachmut ein, damit dieser sich persönlich ein Bild von der Bedrohungslage mache.
Nun ist der Zwist zwischen Prigoschin und Schoigu bekannt. Das Kompetenzgerangel lähmt die russischen Streitkräfte seit Monaten – und doch ging es in Bachmut bislang langsam, aber stetig vorwärts. Hätte der Deal, den Prigoschin wohl angestrebt hatte, geklappt, wäre die Stadt Bachmut wohl längst eingenommen.
Denn der Vorschlag, den Prigoschin seinen Kontakten im militärischen Geheimdienst der Ukraine übermittelt haben soll, hatte Bachmut im Blick. Konkret soll es darum gegangen sein, dass der Wagner-Chef die Ukraine aufgefordert hat, ihre Kommandeure und Soldaten aus der Gegend um Bachmut abzuziehen. Im Gegenzug soll Prigoschin angeboten haben, Kiew Informationen über die Stellung russischer Truppen zu geben.
Um welche Truppenpositionen es sich konkret handeln sollte, ging aus dem Dokument wohl nicht hervor. Laut "Washington Post" sollen zwei ukrainische Beamte bestätigt haben, dass der Wagner-Chef mehrfach mit dem ukrainischen Militärgeheimdienst gesprochen hat. Prigoschin soll das Bachmut-Angebot außerdem mehrfach verlängert haben.
Kiew hatte das Angebot aber wohl ausgeschlagen, weil die Militärführung dem Söldner-Chef nicht vertraute. Eine Einschätzung, die wohl in den USA geteilt wird.
Allerdings wollten sich laut der Zeitung weder das Weiße Haus, noch die ukrainische Regierung zu den Vorwürfen äußern.
(Mit Material der dpa)