Ein TV-Star, ein Pilot, ein ehemaliger Badminton-Profi, ein Journalist und ein Umweltaktivist – das sind nur einige Beispiele für zum Teil einflussreiche Männer, die im bislang größten Aufschrei der MeToo-Bewegung in China unter Beschuss geraten sind.
Trotz erheblicher Zensur und Polizisten, die sich weigern, Anschuldigungen nachzugehen, sind innerhalb weniger Tage Dutzende Frauen an die Öffentlichkeit gegangen. Ihren Chefs oder Kollegen werfen sie Belästigungen oder sogar Vergewaltigungen vor.
Diese und andere Geschichten haben in den vergangenen Tagen Chinas soziale Medien geflutet. Doch anders als in den USA und Europa, wo durch den MeToo-Hashtag eine breite öffentliche Debatte über sexuelle Belästigung losgetreten wurde, bemüht sich die chinesische Regierung, das Thema – so gut es geht – unter den Teppich zu kehren.
Im Januar, als die ersten Ausläufer der Frauenbewegung China erreichten, wurde noch ein Hochschullehrer nach ähnlichen Vorwürfen entlassen. Die Regierung versprach einen "Mechanismus gegen sexuelle Belästigung". Nun macht die Regierung, was sie besonders gut kann: Zensieren.
All das erinnert an die Bewegung der "fünf Schwestern". Die Gruppe von Feministinnen wollte vor drei Jahren Flugblätter gegen sexuelle Belästigung in U-Bahnen verteilen. Die Frauen wurden festgenommen und über einen Monat lang eingesperrt. Erst nach einem internationalen Aufschrei der Empörung kamen sie frei.
Dass die Offiziellen wenig gelernt haben und ihnen in diesen Tagen die Kontrolle der öffentlichen Debatte wichtiger ist als der Imageverlust im Ausland, zeigt der Fall der Studentin Renée Ren. Wie die 26-Jährige der Deutschen Presse-Agentur berichtete, versuchte sie vor einiger Zeit vergeblich, eine Vergewaltigung durch einen Kommilitonen der Polizei zu melden.
Die Beamten hätten sie davon abhalten wollen, Anzeige gegen den Studenten zu erstatten, worauf sie die Polizei der ostchinesischen Küstenstadt Qingdao verklagte. Die Folge von Rens Protest: Sie und ihre Eltern wurden für sechs Tage von Beamten in einem Hotel festgehalten. Ihr Vater verlor seinen Job.
"Kein Einzelfall", sagte der Pekinger Anwalt Lu Xiaoquan. Er habe zuletzt viele Beschwerden von Frauen erhalten, die vergeblich versucht hätten, Verfahren gegen Männer zu erwirken, von denen sie sexuell belästigt worden seien.
"Frauen tragen die Hälfte des Himmels", sagte Chinas großer kommunistischer Revolutionär Mao Tsetung einmal. Für die Mitglieder der jungen MeToo-Bewegung klingt dieser Satz in diesen Tagen nur wie Hohn.
(sg/dpa)