Chinas Frauen treiben die MeToo-Bewegung voran, aber die Regierung zensiert das
02.08.2018, 07:2511.06.2024, 11:35
Mehr «Politik»
Ein TV-Star, ein Pilot, ein ehemaliger
Badminton-Profi, ein Journalist und ein Umweltaktivist – das sind nur
einige Beispiele für zum Teil einflussreiche Männer, die im bislang
größten Aufschrei der MeToo-Bewegung in China unter Beschuss
geraten sind.
Trotz erheblicher Zensur und Polizisten, die sich weigern,
Anschuldigungen nachzugehen, sind innerhalb weniger Tage Dutzende
Frauen an die Öffentlichkeit gegangen. Ihren Chefs oder Kollegen werfen sie Belästigungen oder sogar Vergewaltigungen vor.
Fälle, die Aufsehen erregen:
Im Zentrum des jüngsten Sturms steht Zhu Jun, ein Moderator des chinesischen Staatssenders CCTV. Hunderte Millionen Zuschauer verfolgten im Februar, wie der 54-Jährige durch die jährliche Frühlingsfest-Gala führte, dem größten TV-Ereignis der Welt. In einem anonymen Brief wird Zhu Jun, der sich bislang zu den Vorwürfen nicht geäußert hat, nun beschuldigt, eine ehemalige Praktikantin in seiner Garderobe bedrängt zu haben – bis plötzlich ein Talkshow-Gast den Raum betreten habe.
In einem weiteren Fall beschuldigt die Shanghaier Produzentin Yi Xiaohe einen bekannten Journalisten, sie sexuell belästigt zu haben. Obwohl mittlerweile sechs Frauen ähnliche Vorwürfe gegen Zhang Wen erhoben haben, sagt er, dass das alles im gegenseitigen Einverständnis geschehen sei. "Sich zu küssen und zu umarmen" sei doch ganz normal in der Branche. "Ein einziger Funke kann ein großes Feuer auslösen", schreibt die Betroffene Yi Xiaohe in einem wütenden offenen Brief.
Diese und andere Geschichten haben in den vergangenen Tagen Chinas
soziale Medien geflutet. Doch anders als in den USA und Europa, wo
durch den MeToo-Hashtag eine breite öffentliche Debatte über sexuelle
Belästigung losgetreten wurde, bemüht sich die chinesische Regierung, das Thema – so gut
es geht – unter den Teppich zu kehren.
Erst gab es Entlassungen, jetzt gibt es Zensur
Im Januar, als die ersten Ausläufer der Frauenbewegung China
erreichten, wurde noch ein Hochschullehrer nach ähnlichen Vorwürfen
entlassen. Die Regierung versprach einen "Mechanismus gegen sexuelle
Belästigung". Nun macht die Regierung, was sie besonders gut kann: Zensieren.
Ein Pekinger Magazin forderte seine Leserinnen vergangenen Woche dazu auf, ihre eigenen Geschichten von Übergriffen zu erzählen. Innerhalb von 24 Stunden wurde die Website mit mehr als 1700 Beiträgen gefüllt – und kurz darauf gesperrt.
Der Suchbegriff "MeToo" gehört zu den am striktesten zensierten Begriffen auf Wechat, dem populärsten sozialen Netzwerk des Landes. Staatsmedien erhielten zudem Anweisung, nicht mehr über das Thema zu berichten. Kritische Beiträge über CCTV-Star Zhu Jun sind längst wieder aus dem Netz verschwunden.
Wer anklagt oder protestiert, verliert seine Freiheit
All das erinnert an die Bewegung der "fünf Schwestern". Die Gruppe
von Feministinnen wollte vor drei Jahren Flugblätter gegen sexuelle
Belästigung in U-Bahnen verteilen. Die Frauen wurden festgenommen und
über einen Monat lang eingesperrt. Erst nach einem internationalen
Aufschrei der Empörung kamen sie frei.
Dass die Offiziellen wenig gelernt haben und ihnen in diesen Tagen
die Kontrolle der öffentlichen Debatte wichtiger ist als der
Imageverlust im Ausland, zeigt der Fall der Studentin Renée Ren. Wie
die 26-Jährige der Deutschen Presse-Agentur berichtete, versuchte sie
vor einiger Zeit vergeblich, eine Vergewaltigung durch einen
Kommilitonen der Polizei zu melden.
Die Beamten hätten sie davon abhalten wollen, Anzeige gegen den
Studenten zu erstatten, worauf sie die Polizei der ostchinesischen
Küstenstadt Qingdao verklagte. Die Folge von Rens Protest: Sie und
ihre Eltern wurden für sechs Tage von Beamten in einem Hotel
festgehalten. Ihr Vater verlor seinen Job.
"Kein Einzelfall", sagte der Pekinger Anwalt Lu Xiaoquan. Er habe
zuletzt viele Beschwerden von Frauen erhalten, die vergeblich
versucht hätten, Verfahren gegen Männer zu erwirken, von denen sie
sexuell belästigt worden seien.
"Frauen tragen die Hälfte des Himmels", sagte Chinas großer
kommunistischer Revolutionär Mao Tsetung einmal. Für die Mitglieder
der jungen MeToo-Bewegung klingt dieser Satz in diesen
Tagen nur wie Hohn.
"Man kann fast sagen: Schade, dass Vance und Walz nur für den Nummer-2-Job kandidieren"
Die erste und einzige Debatte der beiden Vizepräsidentschaftskandidaten ist Geschichte. Historiker und USA-Experte Ronald D. Gerste lobt den Auftritt von J.D. Vance und Tim Walz und macht einen Vergleich mit John F. Kennedy.
Was ist Ihr Eindruck von der Debatte der Vizepräsidenten?