In der ersten Runde der rumänischen Präsidentschaftswahl ist es zu einer großen Überraschung gekommen: Der rechtspopulistische und prorussische Kandidat Călin Georgescu hatte diese gewonnen, obwohl alle Umfragen gegen ihn sprachen.
Am kommenden Sonntag kommt es zur Stichwahl zwischen ihm und Elena Lasconi von der rechts-liberalen Partei USR.
Er selbst gibt an, keinerlei Wahlkampfausgaben gehabt zu haben und nur über Social Media für sich geworben zu haben. Besonders auf Tiktok erreichte er überraschend viele Menschen. Expert:innen gehen davon aus, dass eine solche Internet-Kampagne ohne Finanzmittel nicht möglich ist. Schnell kam der Verdacht auf, Russland könnte Georgescu unterstützt haben.
Freigegebene Dokumente des rumänischen Inlandsgeheimdienstes (SRI) verhärten jetzt den Verdacht eines russischen Einflusses auf die Wahl.
Der scheidende Präsident Klaus Johannis veröffentlichte die Papiere, nachdem er von rumänischen Journalist:innen und zivilgesellschaftlichen Gruppen darum gebeten worden war. Laut "Politico" wird in diesen behauptet, dass bezahlte Influencer:innen sowie Mitglieder rechtsextremer Gruppen und Personen mit Verbindungen zum organisierten Verbrechen online für die Kandidatur von Georgescu geworben haben. In den Dokumenten werde zwar nicht direkt behauptet, dass Russland die Wahl beeinflusst habe, allerdings werde es stark angedeutet.
Damit widersprechen die Dokumente den Behauptungen, Georgescu habe keine ausländische Wahlkampfunterstützung erhalten und sei bei den Wahlen nur deshalb auf den ersten Platz gekommen, weil seine Botschaft bei der rumänischen Bevölkerung Anklang gefunden habe. In einem rumänischen Fernsehinterview bezeichnete er die freigegebenen Dokumente als einen verzweifelten Versuch des rumänischen Polit-Establishments, ihn vom Sieg in der Stichwahl abzuhalten.
Laut den Dokumenten des SRI explodierte Georgescus Wahlkampf auf Tiktok nur zwei Wochen vor der Wahl am 24. November. Etwa 25.000 Accounts seien Teil eines Netzwerks gewesen, das direkt mit Georgescus Kampagne in Verbindung gestanden habe. In diesen zwei Wochen vor der Wahl wurden genau diese Konten plötzlich sehr aktiv, heißt es in dem Dokument.
Etwa 800 dieser Accounts existierten bereits seit 2016 –dem Jahr, in dem Tiktok veröffentlicht wurde – waren aber bis November dieses Jahres kaum aktiv. "Diese Kontoaktivitäten könnten von einem staatlichen Akteur koordiniert worden sein", heißt es in einem der Dokumente. Der Geheimdienst kam auch zu dem Schluss, dass "ein sehr gutes digitales Marketingunternehmen" hinter der Kampagne stecken müsse und dass die Beteiligten die Regeln von Tiktok geschickt umgingen.
Der SRI stellte fest, dass jeder Tiktok-Account eine eindeutige IP-Adresse hatte, was auf eine bewusste Strategie hindeutet, die es schwer macht, die Größe des Netzwerks zu ermitteln. Eine Telegram-Gruppe sei zur Koordinierung der Tiktok-Aktivitäten genutzt worden, so der Geheimdienst. Die Nachrichten enthielten Ratschläge, wie man das System zur Überprüfung von Inhalten auf Tiktok in die Irre führen kann. Durch Bildschirmaufnahmen und die minimale Veränderung von Inhalten soll Tiktok Inhalte etwa als einzigartig wahrnehmen, obwohl es sich in Wahrheit nur um die Vervielfältigung von bereits bestehendem Content handelt.
Außerdem seien Login-Daten für rumänische Wahl-Websites auf einer russischen Cybercrime-Plattform gepostet worden. Auch ein privater Telegram-Kanal, der dafür bekannt ist, gestohlene Daten aus vielen Ländern – aber nie aus Russland – zu verbreiten, habe die Daten veröffentlicht.
Schon vor den Geheimdokumenten veröffentlichte das rumänische Innenministerium Informationen zur digitalen Kampagne. Demnach hätten Influencer:innen auf Tiktok, Instagram und Facebook für jeden Pro-Georgescu-Post pro 20.000 Follower:innen jeweils 80 Euro bekommen. Die Content-Creator:innen seien von zwischengeschalteten Unternehmen angeworben worden. Bei mindestens einem dieser Unternehmen handele es sich um eine Scheinfirma.