In der britischen Regierung war rigoroser Tabakkonsum einst nichts Besonderes. Premierminister Winston Churchill zeigte sich nur allzu gerne lässig mit Zigarre im Mundwinkel. Doch es hat sich einiges geändert. Im vergangenen April machten die Konservativen den Vorstoß, das Mindestalter für Tabakkonsum anzuheben. Besonders Cameo-Premierministerin Liz Truss zeigte sich nicht begeistert.
Doch es soll nicht nur beim Mindestalter bleiben. Noch unter Rishi Sunak sollte es weitere Verschärfungen der Anti-Tabak-Gesetze geben. Der amtierende sozialdemokratische Premier Keir Stramer will diese vorantreiben und noch ein paar Schritte weiter gehen. In der Folge gibt es viel Kritik. Eine Politikerin bringt darüber hinaus einen gnadenlos geschmacklosen Vergleich.
Die neue britische Regierung will schärfere Regeln fürs Rauchen im Freien einführen, um die Zahl vermeidbarer Todesfälle zu senken. Eine offizielle Mitteilung dafür gibt es nicht, dafür aber eine Bestätigung vonseiten Stramers. Seine Regierung werde "Entscheidungen in diesem Bereich" treffen.
Die Zeitung "Sun" und andere britische Medien berichteten, dass es Rauchverbote in Biergärten, Sportstätten, Discos und kleinen Parks geben könnte. Die Konservativen reagierten empört, warfen der Regierung bevormundendes Verhalten vor. Eine Abgeordnete versteigt sich dabei in einen absurden Holocaust-Vergleich.
Esther McVey postete als Reaktion auf das Vorhaben auf X die berühmte Mahnung des deutschen Pastors Martin Niemöller, der nach dem Zweiten Weltkrieg die Passivität und Gleichgültigkeit von Gesellschaft und Kirche während des Holocaust kritisiert hatte. Darin kommt auch die Zeile "Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude" vor.
Kritik darauf ließ nicht lange auf sich warten. Die jüdische Vertretung Board of Deputies of British Jews bezeichnete den Post von McVey, die unter dem ehemaligen Premierminister Rishi Sunak den inoffiziellen Titel "Staatssekretärin für gesunden Menschenverstand" trug, als "abstoßend" und "atemberaubend gedankenlos".
Zahlreiche Nutzer:innen forderten die 56-Jährige auf, den Eintrag zu löschen, darunter Gesundheitsminister Wes Streeting. Er betonte, auch McVeys Konservative hätten eine Verschärfung der Anti-Tabak-Gesetze in ihrem Wahlprogramm genannt.
McVey wies die Kritik in einem weiteren X-Post zurück, sagte, sie wolle sich nicht von "Großstadt-Tyrannen mit politisch korrekter Haltung" einschüchtern lassen, "die die Bedeutung meiner Worte absichtlich verdrehen". Es handele sich schlicht um eine Analogie: "Diejenigen, die Freiheiten verbieten, beginnen mit einfachen Zielen."
Deutlich weniger geschichtsverdrossen äußern sich Gastronomieverbände zu dem Thema. Sie sind der Meinung, ein Verbot werde Raucher:innen nicht von ihrer Sucht abhalten, dafür aber das Pub-Sterben weiter befeuern. Von Stramer kam zu diesem Kritikpunkt noch keine Antwort. Auch auf McVey reagierte er nicht. Doch dazu gibt es auch nicht viel zu sagen.
(Mit Material von dpa)