In Venezuela ist ein offener Machtkampf zwischen der sozialistischen Regierung von Präsident Nicolás Maduro und der Opposition unter Führung von Parlamentschef Juan Guaidó ausgebrochen.Bild: imago stock&people
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Machtkampf in Venezuela – Diese 9 Punkte beschreiben die Lage im Land
24.01.2019, 08:0624.01.2019, 08:21
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Im Land mit den größten Ölreserven der Welt hat es schon lange
gebrodelt – jetzt kämpfen Opposition und Regierung mit offenem
Visier. Ein junger Parlamentarier will die Macht an sich reißen,
Präsident Maduro schwört erbitterten Widerstand.
In Venezuela ist ein offener Machtkampf zwischen der
sozialistischen Regierung von Präsident Nicolás Maduro und der
Opposition unter Führung von Parlamentschef Juan Guaidó ausgebrochen.
Der 35-jährige Abgeordnete hat Maduro für entmachtet erklärt und sich
selbst als Übergangspräsident ausgerufen. Die USA und viele Staaten
in Lateinamerika stellen sich hinter den selbst ernannten
Interims-Staatschef.
Wie ist die Lage jetzt in Venezuela?
Unübersichtlich. Nachdem sich Guaidó vor jubelnden Demonstranten zum
Interims-Präsidenten erklärt hatte, schwor Maduro seinerseits seine
Anhänger vom Balkon des Präsidentenpalastes auf die Verteidigung
seiner sozialistischen Regierung ein. "Hier ergibt sich niemand",
rief Maduro. In den Straßen von Caracas und anderen großen Städten
des Landes lieferten sich Regierungsgegner unterdessen heftige
Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften.
Demonstrantin in Caracas: Ihr Gesicht hat die junge Frau mit der venezolanischen Flagge umwickelt, um die Augen hat sie Zahnpasta geschmiert, um die Wirkung des Tränengases zu mindern.Bild: picture alliance/dpa
Wer ist der selbst ernannte Übergangspräsident Juan Guaidó?
Bis vor kurzem war der 35-jährige Ingenieur noch ein unbekannter
Hinterbänkler in der entmachteten Nationalversammlung von Venezuela.
Weil seiner Partei Voluntad Popular zu Jahresbeginn turnusgemäß der
Parlamentsvorsitz zustand und die prominentesten Köpfe inhaftiert
oder im Exil sind, fiel Guaidó das Amt des Parlamentspräsidenten
praktisch in den Schoß. Er ging sofort auf einen harten
Konfrontationskurs mit der Regierung und nannte Maduro einen
Usurpator - also jemanden, der die Staatsgewalt illegal an sich
gerissen hat. Seit Wochen trommelte er für einen Machtwechsel in
Caracas. Auf seinem Twitterprofil steht seit Mittwoch: Präsident
(übergangsweise) der Bolivarischen Republik Venezuela.
Eben noch Hinterbänkler, jetzt im Fokus der Weltöffentlichkeit: Juan Guaidó (2. v. r.).Bild: imago stock&people
Worauf stützt Guaidó seinen Machtanspruch?
Der Parlamentspräsident beruft sich auf die venezolanische
Verfassung. Weil die Wiederwahl von Maduro im vergangenen Jahr nicht
den demokratischen Regeln entsprach, stellte das Parlament fest, dass
es keinen rechtmäßigen Präsidenten gebe. In diesem Fall schreibt die
Verfassung in Artikel 233 Neuwahlen vor. In der Zwischenzeit
übernimmt der Vorsitzende des Parlaments übergangsweise das
Präsidentenamt.
Wer erkennt Guaidó als rechtmäßigen Präsidenten an?
Schon wenige Minuten nach seiner Proklamation als Staatschef stellte
sich US-Präsident Donald Trump hinter Guaidó. Auch Kanada und die
meisten lateinamerikanischen Staaten erkannten den Parlamentschef als
Interims-Präsidenten an. Gestützt wird Maduro hingegen noch von
seinen Verbündeten in Kuba und Bolivien. Auch Mexiko wollte Guaidó
zunächst nicht anerkennen.
Wie stehen Guaidós Chancen, die Regierungsgeschäfte zu übernehmen?
Nach derzeitigem Stand der Dinge erst einmal schlecht. Die Opposition
ist geschwächt: Zahlreiche Regierungsgegner sitzen in Haft, dürfen
sich politisch nicht betätigen oder sind ins Exil gegangen. Die
verbliebenen Oppositionellen sind untereinander zerstritten. Zudem
wird Maduro noch vom Militär gestützt, das an vielen Schaltstellen
der Macht sitzt. "Die Soldaten des Vaterlandes akzeptieren keinen
Präsidenten, der von dunklen Mächten eingesetzt wird oder sich
abseits des Rechts selbst einsetzt", schrieb Verteidigungsminister
Vladimir Padrino auf Twitter.
Tausende gingen auf die Straßen.Bild: imago stock&people
Welche Reaktion der USA ist denkbar, sollte Maduro nicht abdanken?
Trump hat angekündigt, "das volle Gewicht der wirtschaftlichen und
diplomatischen Macht der Vereinigten Staaten" in die Waagschale zu
werfen, um Maduro zur Machtübergabe zu zwingen. Zu
Wirtschaftssanktionen sagte ein hochrangiger
US-Regierungsmitarbeiter, in dem Bereich habe man im Fall von
Venezuela bislang "kaum an der Oberfläche" des Möglichen gekratzt.
Welche Wirtschaftssanktionen wären vorstellbar?
Bislang haben die USA Sanktionen vor allem gegen regierungstreue
venezolanische Funktionäre und Unternehmer verhängt. Denkbar wären
zum Beispiel schmerzhafte Sanktionen gegen den Ölsektor des Landes,
das die größten Erdölreserven der Welt hat. Trotz der Spannungen sind
die USA weiterhin der größte Importeur von Erdöl aus Venezuela. Mehr
als 40 Prozent des Rohöls aus dem südamerikanischen Land werden in
die Vereinigten Staaten exportiert. Unklar ist bislang, wie die USA
diese gewaltige Menge im Fall eines Embargos ersetzen würden.
Sind auch militärische Schritte denkbar?
Trump sagte: "Alle Optionen sind auf dem Tisch." Der Präsident führte
das nicht weiter aus, ein hochrangiger US-Regierungsvertreter wollte
am Mittwoch aber auf Nachfrage auch eine militärische Option nicht
ausschließen. Er sagte auf eine entsprechende Frage: "Wenn wir sagen,
dass alle Optionen auf dem Tisch sind, dann heißt das, dass alle
Optionen auf dem Tisch sind." Wie ein militärisches Vorgehen der USA
aussehen könnte, ist aber unklar. Und Trump ist eigentlich darum
bemüht, Auslandseinsätze des US-Militärs zurückzufahren.
Gibt es einen Ausweg aus der verfahrenen Situation?
Bislang hat Maduro alle Massenproteste gegen seine Regierung blutig
niedergeschlagen. 2014 und 2017 gingen Zehntausende Menschen über
Wochen hinweg auf die Straße. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen
zwischen Sicherheitskräften, paramilitärischen Gruppen und
Demonstranten kamen insgesamt mehr als 160 Menschen ums Leben.
Allerdings war Maduro international noch nie so isoliert wie jetzt.
"Wenn Maduro sich jetzt eine Antwort überlegt, sollten er und seine
Verbündeten sich fragen, ob der Erhalt ihres glücklosen Regimes
weiteres Blutvergießen wert ist", sagt Benjamin Gedan vom
Forschungsinstitut Wilson Center. "Sie werden als Verbrecher in die
venezolanische Geschichte eingehen. Aber es gibt immer noch die
Chance, einen friedlichen Rücktritt zu verhandeln und eine
Inhaftierung in Venezuela oder Verfolgung durch den Internationalen
Strafgerichtshof zu vermeiden."
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