Der Austausch gefallener Soldaten ist eines der wenigen Zugeständnisse, die Russland und die Ukraine bei Verhandlungen erreichen konnten. Moskau bekam in den vergangenen Tagen mehr als 50 Leichen zurück, die Ukraine mehr als 6000.
Kiew sagt jedoch, dass es bei einigen der an sie überstellten Toten Ungereimtheiten gibt: Es sollen nicht nur die Leichen ukrainischer Soldaten übergeben worden sein, sondern auch tote Russen. Als Erster hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj öffentlich bemängelt, dass Russland auch Leichen eigener Soldaten überstelle.
Innenminister Ihor Klymenko erklärte nun jüngst in einem Telegram-Post die Vorwürfe Richtung Moskau. "Der Feind erschwert uns absichtlich die Identifizierung der Toten, stiftet Chaos und vermischt die Leichen der russischen Soldaten mit denen der Ukrainer", schreibt er.
Um wie viele Fälle es sich genau handelt, dazu macht Klymenko keine Angaben. Einen macht er jedoch mit Fotos öffentlich: Diese zeigen den angeblichen Wehrpass und die Identifikationsmarke eines toten russischen Soldaten, der an die Ukraine übergeben worden sei. Unabhängige Bestätigungen dazu gab es nicht.
Anhand des Ausweises habe man feststellen können, dass der russische Soldat im 1. Bataillon der 39. motorisierten Schützenbrigade der Separatisten gedient hatte.
Klymenko zufolge soll er im März 2025 während schwerer Kämpfe in der Oblast Donezk vermisst worden sein; seit Monaten habe seine Familie nach ihm gesucht. Russland habe seine Leiche gefunden, sich aber entschieden, diese zu "entsorgen", wirft der Minister den Verantwortlichen vor. So zitiert ihn "Kyiv Independent".
Es sei ein "weiterer Beweis dafür, wie Russland sein Volk mit Verachtung behandelt" und "wie wenig ein Menschenleben" für sie bedeute.
Leichen eigener Soldaten auf diese Weise loswerden zu wollen, könnte laut Klymenko auch noch einen anderen Hintergrund haben: "Vielleicht ist es aber auch nur ein Weg, um den Familien keine Entschädigung zu zahlen."
Ein schlimmer Verdacht, den der Minister äußert. Sollte er damit richtig liegen, nimmt er der russischen Seite jedenfalls schnell die Hoffnung, dass die Taktik aufgehen könnte: "Sie werden so oder so zahlen müssen: Wir geben diese Leichen zurück."
Der Austausch von Gefallenen gehört zu den wenigen humanitären Gesten, auf die sich beide Seiten im Juni bei Verhandlungen in Istanbul verständigen konnten. Dort einigte man sich auch auf den Austausch von Gefangenen.
(Mit Material der dpa)