Karneval ist immer auch hochpolitisch. Die Narren und Jecken nutzen gerade die traditionellen Umzüge, um Kritik an der politischen Elite zu üben. Die Wagen sind mitunter plakativ, derb und schießen gerne auch mal übers Ziel hinaus. Das ist gewollt und gehört eben dazu.
Im belgischen Aalst aber übertraten am Sonntag einige Karnevalisten deutlich die Grenzen des Zeigbaren – mit karnevalsüblicher Kritik an politischen Verhältnissen hatte das nichts mehr zu tun.
Die Karnevalsgruppe "Vismooil’n" wollte mit einer Inszenierung die steigenden Preise in Belgien thematisieren. Der Wagen war Teil des Straßenkarnevals „stoet“ in der flämischen Kleinstadt Aalst. Unter dem doppeldeutigen Titel "Sabbatjahr" zog die Gruppe Karikaturen von orthodoxen Juden aus Pappmaché mit Hakennasen und fiesen Gesichtsausdrücken durch die Stadt. Die Figuren hatten Geldsäcke zu ihren Füßen, standen vor einem Geldschrank und waren mit weißen Ratten behangen.
Der Wagen spielte ziemlich offensichtlich mit dem antisemitischen Motiv des geldgierigen Juden. Entsprechend groß war die Aufregung, nicht nur in jüdischen Kreisen.
Bereits 2013 war der Karnevalsumzug in der belgischen Kleinstadt in die Kritik geraten, weil ein Umzugswagen an einen Deportationszug erinnerte. Dabei trugen Karnevalisten in SS‐Uniformen Kanister mit der Aufschrift "Zyklon B".
(ts)