
Finnland, Imatra: Grenzschutzbeamte und ein Hund stehen an der finnisch-russischen Grenze. (Symbolbild)Bild: Lehtikuva/AP / Jussi Nukari
International
Die neuste Kreml-Rhetorik gegen Finnland erinnert an Putins Worte vor dem Ukraine-Krieg. Während Moskau eskaliert, warnt das ISW: Der Westen wird erneut getestet.
10.09.2025, 17:4910.09.2025, 17:49
Mit drastischen Worten attackiert Russland einen seiner westlichsten Nachbarn: Die Rhetorik gegen Finnland verschärft sich aktuell deutlich. Das Land ist im russischen Propagandaapparat längst kein Randthema mehr.
Spätestens seit dem Nato-Beitritt 2023 ist der nördliche Nachbar Russlands strategisch exponiert – und seitdem noch mehr im Visier des Kremls. Die Wortwahl, die dieser Tage aus Moskau kommt, ist eine neue Stufe: Dmitri Medwedew, Ex-Präsident und Vizechef des russischen Sicherheitsrats, droht offen mit der Zerstörung der finnischen Staatlichkeit.
In einem Essay für die Staatsagentur Tass behauptet er, Finnland sei "ein aggressives Anti-Russland" geworden, schneller noch als die Ukraine. Er schreibt wörtlich: "Eine Konfrontation mit Russland könnte zum Kollaps der finnischen Staatlichkeit für immer führen."

Der Ex-Kremlchef Medwedew wirft Finnland Kriegsvorbereitung vor.Bild: Pool Sputnik Kremlin/AP / Ekaterina Shtukina
Während in Europa kaum jemand reagiert, schlägt SPD-Politiker Michael Roth, ehemaliger Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, Alarm. Auch Analyst:innen des Institute for the Study of War (ISW) warnen: Moskaus Rhetorik ist brandgefährlich.
SPD-Politiker warnt vor scharfer Russland-Rhetorik gegen Finnland
Das Institut sieht darin keine bloße Provokation, sondern Teil eines Musters: Es sind dieselben Narrative, mit denen Moskau bereits die Invasionen in der Ukraine rechtfertigte.
Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, warnt vor der zunehmenden Ignoranz gegenüber dieser Signale. Auf X schreibt er: "Interessiert es in Deutschland eigentlich irgendjemanden, dass mit Finnland einer unserer verlässlichsten EU-/NATO-Partner […] konkret von Russland bedroht wird?" Und weiter: "Putin verzeiht nie, dass aus der Finnlandisierung der Ukraine eine NATOisierung Finnlands wurde."
Was Medwedew in seinem Essay konstruiert, erinnert frappierend an Putins Rhetorik kurz vor dem Überfall auf die Ukraine. Finnland wird als Frontstaat dargestellt, der sich angeblich militärisch gegen Russland formiert, alles unter dem Deckmantel der Verteidigung. Wie es Medwedew darstellt, bereite das Land stattdessen mithilfe der Nato den Angriff auf Russland vor.
In diesem Zusammenhang stellt der Putin-Vertraute sogar den Pariser Friedensvertrag von 1947 infrage – und droht mit neuen Reparationen in Höhe von umgerechnet 242 Milliarden Euro. Gleichzeitig bedient Medwedew historische Revisionsnarrative: Er wirft Finnland vor, während des Zweiten Weltkriegs mit Hitler kollaboriert zu haben, die slawische Bevölkerung unterdrückt und versucht zu haben "russische Kultur auszulöschen".
Der Ton ist martialisch, ideologisch und in Teilen vernichtend. So nennt er Finnland ein "Anti-Russland" und schreibt von einer "Ukrainisierung" des Nachbarstaates.
Ukraine und Finnland: Verschiedene Länder, gleiche Narrative
Parallel zur Veröffentlichung des Essays erscheinen bei der staatlichen Nachrichtenagentur Tass noch radikalere Aussagen: Der Vorsitzende des Duma-Ausschusses für Informationspolitik nennt Finnland eine "größere Brutstätte des Faschismus als die Ukraine" und "Sie haben kein Recht zu leben."
Laut dem ISW spiegeln diese Worte exakt die Legitimationsstrategie, die Moskau bereits vor der Annexion der Krim und dem Überfall auf Kiew 2022 genutzt hat:
- Nazivorwürfe
- Genozid-Fantasien
- Umdeutung historischer Verträge
- Konstruktion eines angeblich existenziellen Angriffs auf Russland
- Darstellung der Nato als Aggressor
"Der Kreml benutzt das gleiche Drehbuch gegen Finnland wie zuvor gegen die Ukraine", analysiert das ISW. "Es geht darum, die Informationslage so zu verschieben, dass zukünftige Aggressionen – auch gegen Nato-Staaten – vorbereitet und propagandistisch gerechtfertigt erscheinen."
Nach Ukraine und Polen: Russland-Rhetorik zu Finnland ist Warnung
Und die Lage ist nicht nur rhetorisch aufgeheizt. Neben den immer massiver werdenden Angriffen Russlands auf die Ukraine und russischen Drohnen über Polen werden die militärischen Drohgebärden gegenüber Finnland auch konkreter.
Der finnische Rundfunksender Yle berichtete bereits im Juni über Satellitenbilder, die einen massiven Ausbau russischer Militärinfrastruktur nahe der finnischen Grenze zeigen. Auch das "Wall Street Journal" bestätigt Truppenverlegungen und Aufrüstung entlang der Nordflanke. Gleichzeitig wird die Ostsee in russischen Militärjournalen bereits als "möglicher Kriegsschauplatz" beschrieben.
Die Botschaft: Russland kann aufrüsten, eskalieren und dennoch zugleich in der Ukraine Krieg führen. Das ISW warnt: Der Kreml baue systematisch ein Narrativ auf, mit dem sich künftige Aggressionen gegen Nato-Staaten legitimieren ließen. Finnland könnte damit zum nächsten geopolitischen Testfall für die Entschlossenheit des Westens werden.
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