Mehr als 100 Menschen starben bei den Protesten auf dem Maidan in Kiew.Bild: Getty Images Europe
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Vor 5 Jahren stürzte die Ukraine ihren Präsidenten – noch immer ist das Land zerissen
21.02.2019, 06:2721.02.2019, 07:32
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In seinem russischen Exil hat der aus seinem Land
geflohene ukrainische Ex-Präsident Viktor Janukowitsch ganz andere
Sorgen als die große Politik. Bei einem Tennismatch habe er sich am
Knie verletzt, sagt der 68-Jährige bei einem Auftritt in Moskau
Anfang des Monats. Weit weg sind die dramatischen Ereignisse vor
exakt fünf Jahren, als er am 21. Februar 2014 fliehen musste. Grund
dafür waren die blutigen Proteste proeuropäischer Ukrainer auf dem
Maidan, die weg wollten von Janukowitschs Russland-Hörigkeit in eine
Zukunft in der EU. Auch rechtsextreme Gruppierungen beteiligten sich an den Protesten.
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Mehr als 100 Menschen starben damals auf dem Unabhängigkeitsplatz,
dem Maidan, in Kiew. An den Bäumen der Allee der "Helden der
Himmlischen Hundertschaft", die zum Maidan führt, hängen noch immer
mit Klebeband befestigte Fotos von toten Demonstranten. Provisorische
Gedenksteine mit stilisierten Kosaken-Säbeln, Stapel mit
Pflastersteinen und Windlichtern erinnern an die dreimonatigen
Proteste, die mit blutigen Auseinandersetzungen zwischen
Regierungsgegnern und Sicherheitskräften endeten. Der Bau eines von
deutschen Architekten entworfenen Gedenkkomplexes lässt weiter auf
sich warten. Eine provisorische Ausstellung zum Jahrestag soll
Besuchern der Hauptstadt die Ereignisse näher bringen.
Janukowitschs ehemaliges Anwesen ist heute ein Museum. Inklusive Privatzoo und ausgestopftem Löwen.Bild: Getty Images Europe
In der Ukraine herrscht Krieg, doch Janukowitsch ist sicher
Währenddessen sieht sich Janukowitsch in Sicherheit – eine Auslieferung
wegen Hochverrats in seine frühere Heimat muss er nicht fürchten.
Kremlchef Wladimir Putin garantiert seinen Schutz. Janukowitsch lebt
nach russischen Medienberichten in Luxus, trifft sich mit
Geschäftsleuten, wird bei Pressekonferenzen hofiert. Dabei ist sein
Land, die Ukraine, zerrissen. Krieg, Armut und Vertreibung bestimmen
für viele Menschen in der Ostukraine den Alltag.
Dass Janukowitschs Nachfolger Petro Poroschenko, ein auch mit einem
Schokoladenimperium zu Reichtum gekommener Oligarch, um seine
Wiederwahl fürchtet, kommentiert der gefallene Politiker beinahe
genüsslich. "Das ist alles wie in einem schrecklichen Traum für alle
Beteiligten", sagte Janukowitsch unlängst vor Journalisten. Eine
Zukunft mit ihm wäre die bessere Option für das Land gewesen, ist er
sich sicher. Die Halbinsel Krim wäre nicht an Russland gefallen, in der
damals recht gut aufgestellten Ostukraine, woher Janukowitsch stammt,
wäre Frieden, glaubt er.
Die Maidan-Proteste in atemberaubenden Fotos:
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Maidan-Proteste
quelle: getty images europe / getty images europe
Ein Satiriker könnte Präsident werden. Sonst gibt es wenig zu lachen.
Fünf Jahre später hat das Land zwar die von der EU versprochene
Visafreiheit und das Assoziierungsabkommen, das Janukowitsch zu
Gefallen Russlands nicht unterzeichnen wollte. Aber sonst gibt es
wenig Lichtblicke. In Kiew gibt es zum Jahrestag des Blutbades auf
dem Maidan Glockengeläut, Kerzen, Nelken und Rosenblätter. Das Trauma
ist nicht aufgearbeitet. Ob Janukowitsch damals Scharfschützen den
Schießbefehl gab, ist noch immer nicht geklärt. Die
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen der tödlichen Schüsse, noch wurde
jedoch niemand verurteilt.
Auslöser der Proteste war eine Abkehr von Russland zugunsten eines
proeuropäischen Kurses. Vor der Präsidentenwahl am 31. März erinnert
Amtsinhaber Petro Poroschenko immer wieder daran, worum es damals
ging, wofür es so viele Opfer gab. Er schwört die Ex-Sowjetrepublik
auf einen Kurs in die EU und die Nato ein. Ein Zurück gibt es nicht.
Und Janukowitschs Erbe in der Heimat? Die einst regierende Partei der
Regionen hat sich aufgelöst. Einige Gefolgsleute gründeten sich als
Oppositionsblock neu, zerstritten sich aber bald wieder, sie spielen
kaum eine Rolle in der Kiewer Politik.
Bei der Präsidentenwahl könnte vielmehr jemand das Rennen machen, der
auch in Russland beliebt ist: der Komiker Wladimir Selenski, der
zuletzt schon in einer Satire Präsident spielte und auch Poroschenko
parodierte.
Dieser Mann will Präsident der Ukraine werden: Wladimir Selenski.Bild: imago stock&people
Zu lachen haben die Menschen in der Ukraine sonst nicht viel.
Wirtschaftlich hat sich ihre Lage kaum verbessert: Aktuellen Umfragen
zufolge sind die Menschen dort so unzufrieden wie noch nie zuvor.
Mehr als 70 Prozent der Einwohner sind unglücklich über die
Entwicklung des Landes. Doch sehnen sich nur wenige nach einem Leben
unter Janukowitsch zurück. Viele Ukrainer wollen im EU-Ausland Arbeit
finden, vor allem im benachbarten Polen.
Die Ukraine ist das ärmste Land Europas
Im Osten der Ukraine herrscht weiter Krieg.Bild: Getty Images Europe
Das Land, das nach einer Statistik des Internationalen Währungsfonds
das ärmste in Europa ist, geht zudem bald in das sechste Kriegsjahr.
Im Osten sind seither mehr als 13.000 Menschen in den Kämpfen der
prorussischen Separatisten mit den Regierungssoldaten gestorben.
Hunderttausende sind vor dem Krieg ins benachbarte Russland geflohen – und wollen auch nie wieder zurückkehren.
Dass Janukowitsch jemals wieder nach Kiew zurückkehren wird, ist
unwahrscheinlich. Sein einstiges prunkvolles Anwesen Meschyhirja im
Norden von Kiew steht leer, ist aber ein Besuchermagnet für
Schaulustige. Bis zu 3000 Besucher kommen am Wochenende vorbei, das
riesige Gelände ist vor allem für Picknicks oder Fahrradtouren im
Sommer beliebt. Die Residenz mit goldenen Kronleuchtern, luxuriöser
Ausstattung und ausgestopften Tieren ist dabei weniger interessant.
Die Menschen wollten ja nicht zu Janukowitsch, sagt Denis
Tarachkotelnik, der Verwaltungsleiter des gerichtlich beschlagnahmten
Gebäudes. Sie wollten auf dem herrlichen Grundstück einfach vom
harten Alltag abschalten.
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