Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat nach dem Zwischenfall mit russischen Grenzschutzbooten vor der Halbinsel Krim am Montag ein Dekret zur Verhängung des Kriegsrechtes unterzeichnet.
Auch die Vereinigten Staaten nennen den Zwischenfall eine "skandalöse Verletzung" der ukrainischen Souveränität. Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, sagte bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats, dass durch derart "gesetzlose Handlungen" eine normale Beziehungen zwischen US-Präsident Donald Trump und Russland unmöglich würden.
Am Montagabend erörterten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsidenten Putin in einem Telefonat die Lage in der Region – Ergebnisse des Gesprächs wurde nicht bekannt.
Ausgangspunkt war eine Eskalation in der Meerenge von Kertsch vor der Halbinsel Krim. Die russische Marine hatte dort ukrainischen Schiffen die Durchfahrt verweigert und eines der Schiffe gerammt. Später wurden drei ukrainische Schiffe von russischen Streitkräften gekapert.
Auf ukrainischer Seite seien dabei sechs Menschen verwundet worden, berichteten ukrainische Medien. Die Boote wurden zusammen mit 23 Besatzungsmitgliedern nach Kertsch gebracht.
Mit der Verhängung des Kriegsrechts hat die Ukraine ihre Streitkräfte in volle Kampfbereitschaft versetzt. Befindet sich ein Staat im selbstverhängten Kriegsrecht, gesteht er sich selbst das Recht ein, sich gegen Angriffe zu wehren. Die Ereignisse im Asowschen Meer seien als "Akt militärischer Aggression" einzustufen, wurde Aleksander Turtschinow, Vorsitzender des Sicherheitsrates, von der russischen Agentur Tass zitiert.
"Wir fordern, dass sie (die Matrosen) zusammen mit den Schiffen sofort der ukrainischen Seite übergeben werden", sagte Präsident Petro Poroschenko. Die "brutale" Festnahme verstoße gegen internationales Recht.
Noch in der Nacht zu Sonntag hatte Poroschenko betont, dass eine Einführung des Kriegsrechts jedoch nicht bedeute, dass die Ukraine offensive Operationen unternehmen wolle. Bei einem solchen Schritt gehe es "ausschließlich um den Schutz unseres Territoriums und die Sicherheit unserer Bürger". Auch an den Frontlinien in der Ostukraine werde sich dadurch nichts ändern.
Zudem hatte Poroschenko noch am Sonntag die Reservisten der Streitkräfte in Bereitschaft versetzt. Die sogenannte Erste Welle der Reserve solle sich bereit halten, sagte Poroschenko in Kiew. Dies bedeute jedoch nicht unmittelbar eine Mobilmachung, fügte er nach Angaben der russischen Agentur Interfax hinzu.
Moskau reagierte auf die Schritte Kiews in der Nacht mit dem Antrag auf Einberufung einer Sondersitzung des Weltsicherheitsrates der Vereinten Nationen. Russland habe um diese Sondersitzung am Montagmorgen (Ortszeit) unter dem Tagesordnungspunkt "Erhalt von internationalem Frieden und Sicherheit" gebeten, zitierte die Agentur Tass den russischen UN-Vertreter Dmitri Poljanski.
Lawrow sagte: "Die westlichen Unterstützer Kiews sollen dort jene zur Vernunft bringen, die aus Kriegshysterie politischen Profit schlagen wollen."
Auch die Nato wird sich mit dem Konflikt befassen. Auf Bitte des ukrainischen Präsidenten sei eine Sondersitzung der Nato-Ukraine-Kommission einberufen worden, teilte das Militärbündnis mit. Bei dem Treffen soll die aktuelle Situation diskutiert werden. Die Sitzung werde am Nachmittag stattfinden.
Nach Angaben aus Nato-Kreisen ist die Einberufung des Treffens vor allem ein symbolisches Zeichen der Unterstützung. Dass sich die Nato direkt in den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland einschaltet, gilt derzeit als ausgeschlossen, da die Ukraine nicht Mitglied des Verteidigungsbündnisses ist.
Die Europäische Union rief Russland und die Ukraine zur "äußersten Zurückhaltung" auf, damit die Lage im Schwarzen Meer nicht eskaliere, hieß es in der Nacht zum Montag in einer Mitteilung. Die EU erwarte, dass Russland die Durchfahrt durch die Meeresenge wieder ermögliche.
Das Asowsche Meer nordöstlich der Krim entwickelt sich seit Monaten zu einem weiteren Schauplatz des Konflikts der Nachbarländer. Das Verhältnis ist wegen der 2014 von Russland annektierten Krim und der Ostukraine, wo Moskau aus westlicher Sicht die prorussischen Separatisten militärisch unterstützt, zerrüttet.
Kiew hatte angekündigt, die Präsenz der ukrainischen Marine im Asowschen Meer zu erhöhen. Die von Russland kontrollierte Straße von Kertsch ist der einzige Zugang für Schiffe zu dem Gewässer.
(aj/pb/rtr/dpa)