Seit über zweieinhalb Jahren setzt sich die Ukraine gegen Russlands Angriffskrieg zur Wehr. Doch bereits im Jahr 2014 hatte sich Russland die ukrainische Halbinsel Krim einverleibt. Auch im Donbass, der die Oblaste Donezk und Luhansk umfasst, dauerte der Konflikt bis zur Invasion Russlands im Februar 2022 an.
Nun hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu eben jenen Gebieten geäußert. Seine Worte muten wenig optimistisch an.
Kriegsmüdigkeit herrscht sowohl auf ukrainischer als auch auf russischer Seite. Waffenstillstandsverhandlungen sind in naher Zukunft jedoch kaum realistisch. Zu weit gehen die Forderungen auseinander: So verlangt Russland den Rückzug der ukrainischen Truppen aus den annektierten Gebieten Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja. Zudem soll die Ukraine auf einen Nato-Beitritt verzichten und Selenskyj als Präsident abgesetzt werden.
Die Ukraine verlangt hingegen den Rückzug aller russischen Truppen aus dem ukrainischen Territorium und Sicherheitsgarantien, etwa durch Nato-Beitritt oder andere internationale Vereinbarungen. Russland müsse die territoriale Integrität der Ukraine anerkennen.
Nun machte Selenskyj allerdings im Gespräch mit der französischen Zeitung "Le Parisien" deutlich, dass die ukrainische Armee die Krim und den Donbass nicht allein zurückerobern könne. Dort wurde er laut "Meduza" gefragt, zu welchen Kompromissen das angegriffene Land bereit wäre, um den Krieg zu beenden. Selenskyj antwortete demnach dem Journalisten: "Wir können unsere Gebiete nicht aufgeben. Die Verfassung der Ukraine verbietet uns dies. De facto werden diese Gebiete jetzt von den Russen kontrolliert. Wir haben nicht die Kraft, sie zurückzuholen."
Die Ukraine könne sich nur auf den diplomatischen Druck der internationalen Gemeinschaft verlassen, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen.
Doch wäre Selenskyj dazu überhaupt bereit? Dazu sagt der ukrainische Präsident, dass es nicht darauf ankomme, wem er gegenübersitze, sondern in welchem Zustand man sich bei den Verhandlungen befinde. Er konkretisierte: "Ich glaube nicht, dass wir in einer schwachen Position sind, aber wir sind auch nicht in einer starken Position. Werden wir in der Nato sein? Wir wissen es nicht. Werden wir Teil der Europäischen Union sein? Ja, in der Zukunft, aber wann?"
Selenskyj stellte klar, dass die aktuellen Begebenheiten schwierig für die Ukraine seien: "Sich unter solchen Bedingungen mit Putin an den Verhandlungstisch zu setzen, würde bedeuten, ihm das Recht zu geben, in unserem Teil der Welt alles zu entscheiden." Zuerst müsse man einen Aktions- oder Friedensplan entwickeln. "Dann können wir es Putin oder, allgemeiner gesagt, den Russen präsentieren", sagte Selenskyj der Zeitung.
Selenskyj betonte außerdem, dass kein einziger Staatsführer der Welt "das Recht hat, ohne die Ukraine mit Putin zu verhandeln". Die Ukraine habe dieses Mandat an niemanden delegiert. "Wir sind Opfer", stellte der ukrainische Präsident klar.
Mit letzterer Aussage bezieht sich Selenskyj wohl auch auf die Ankündigung des designierten US-Präsidenten Donald Trump, den Ukraine-Krieg schnell beenden zu wollen. Wie genau er dies bewerkstelligen möchte, führte er dabei nicht aus. Allerdings befürchten Expert:innen, dass dies zum Nachteil der Ukraine passieren könnte. Etwa, weil er Waffenlieferungen einfrieren lassen könnte und so die Ukraine in einer schwachen Position an den Verhandlungstisch zwingt. Das käme einer Kapitulation gleich.
Trump pflegt darüber hinaus Beziehungen zu Putin.
Laut "Wall Street Journal"-Quellen nahmen die ukrainischen Behörden im Dezember Verhandlungen über die Beendigung des Krieges mit dem Trumps Team auf.
Selenskyj traf sich am 7. Dezember mit Trump in Paris, organisiert vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Nach den Gesprächen forderte Trump die Parteien auf, das Feuer einzustellen und Verhandlungen aufzunehmen.