Das Unterhaus in London hat in dieser Woche zuerst den Brexit-Deal und dann einen EU-Austritt ohne Abkommen abgelehnt. Nun sollen die Abgeordneten über eine Verschiebung des Brexit-Termins entscheiden.
Die britischen Abgeordneten stimmen an diesem Donnerstag über eine Verschiebung des Brexits ab. Nach dem Willen von Premierministerin Theresa May sollen sich die Parlamentarier zwischen einer kurzen und einer langen Verschiebung des EU-Austritts entscheiden. Voraussetzung für eine Verlängerung der Frist ist aber, dass alle 27 übrigen Mitgliedstaaten dem zustimmen. Eigentlich wollte Großbritannien die EU am 29. März verlassen – in gut zwei Wochen.
Die Abgeordneten verabschiedeten mit 321 zu 278 Stimmen einen Beschluss, der einen ungeordneten Brexit - anders als von der Regierung gewollt - in jedem Fall ablehnt. Die Entscheidung ist allerdings rechtlich nicht bindend.
May verknüpfte die Abstimmung über die Verschiebung indirekt mit einer Entscheidung über ihr mit Brüssel vereinbartes Brexit-Abkommen: Nur wenn die Abgeordneten bis zum 20. März für ihren Deal stimmten, sei eine kurze Verschiebung des Austritts bis zum 30. Juni möglich. Jede längere Verschiebung mache eine Teilnahme Großbritanniens an der Europawahl (23. bis 26. Mai) erforderlich. Zweimal haben die Parlamentarier Mays Deal bereits abgeschmettert – zuletzt am Dienstagabend.
Das Votum des Unterhauses gegen einen No-Deal-Brexit stieß auf ein verhaltenes Echo. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) begrüße es zwar als Zeichen der Vernunft. Denn ein EU-Austritt ohne Vertrag liege in niemandes Interesse, erklärte der Politiker bei Twitter. "Aber es ist nun an der Zeit, dass die Briten genau sagen, was sie wollen, um den Brexit-Vertrag wirklich erfolgreich abzuschließen." Auch Justizministerin Katarina Barley warnte via Twitter, dass Votum beruhige "nur für den Moment".
Zurückhaltend reagierte auch die EU-Kommission. "Um einen No-Deal vom Tisch zu nehmen, reicht es nicht, gegen einen No-Deal zu stimmen - man muss einem Deal zustimmen", erklärte eine Kommissionssprecherin.
Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, forderte nach der Abstimmung: "Das Parlament muss nun die Kontrolle übernehmen." Er werde nun Gespräche mit Abgeordneten anderer Parteien führen, um einen mehrheitsfähigen Kompromiss zu finden, so Corbyn.
May führt seit einer verpatzten Neuwahl im Sommer 2017 eine Minderheitsregierung an, die die Unterstützung der nordirischen Partei DUP benötigt. Sie ist auf jede Stimme im Parlament angewiesen.
(hd/dpa)