Selbst die Elite-Einheit 47. Brigade soll inzwischen ausgelaugt sein.Bild: IMAGO images/Dmytro Smolienko / Avalon.red Ukraine
International
Der Krieg begleitet die Ukraine mittlerweile seit über zehn Jahren, zumindest auf der Krim. Seit dem russischen Überfall vor über zwei Jahren befindet sich das gesamte Land im Kampfmodus. Wider Erwartens hat es die Ukraine bis heute geschafft, sich zu verteidigen. Zahlreiche Militärexpert:innen sind zu Beginn davon ausgegangen, dass der Krieg nicht lange andauern würde.
Sie haben sich verschätzt. Die Ukrainer:innen sind zäh, sie wollen ihr Land verteidigen. Und der Westen unterstützt – gibt es auch immer wieder Verzögerungen, weil dieses oder jenes Waffensystem nicht geliefert werden soll und schließlich doch geliefert wird. Gerade Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht regelmäßig in der Kritik, zu zögerlich zu sein. Zu ängstlich.
Dass die USA sich mittlerweile doch darauf verständigen konnten, ein weiteres Hilfspaket für die Ukraine zu schnüren, dürfte zu einer kurzen Entspannung der Lage führen. Zumindest in Sachen Waffen und Munition hat das Land dann wieder mehr Spielraum. Berichten zufolge soll zudem bald eine größere Menge von M2-Panzern an die Ukraine geliefert werden. Vor allem an die 47. mechanisierte Brigade.
Eine ukrainische Eliteeinheit, die laut "Forbes" genauso kämpft wie Nato-Elitesoldat:innen: schnell, heftig und meist nachts. Die 47. Brigade wird immer dort hingeschickt, wo es am meisten brennt.
Und so waren die 2000 Soldat:innen der Brigade zunächst an der Führung der Großoffensive in der Südukraine beteiligt, ehe sie im Herbst die Verteidigung der östlichen Stadt Awdijiwka unterstützen sollten. Gefallen ist die Stadt im Februar dennoch an die Russen.
Russland gelingt Einnahme von strategisch günstiger Ortschaft
Seit mittlerweile über einem Jahr kämpft die Brigade laut "Forbes" ohne Unterbrechung – und das hat mittlerweile auch Auswirkungen. Die Soldat:innen sind müde, viele Panzer und Kampffahrzeuge mittlerweile kaputt. Die Brigade, so schreibt es die Zeitung, braucht eine Pause – und hätte die wohl auch fast bekommen. Und Russland hat die sich dadurch bietende Chance direkt genutzt.
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Konkret ging es laut des Berichts um die Verteidigungslinie der Ukrainer:innen rund um die Ruinen der eingenommenen Stadt Awdijiwka. Die 47. Brigade habe sich am Wochenende von der Frontlinie östlich des Dorfes Otscheretyne zurückgezogen. Eine Einladung für die russischen Truppen, die diese direkt nutzten. Das Dorf ist mittlerweile eingenommen.
Otscheretyne ist ein wichtiger Knotenpunkt, auch für den Transport ukrainischer Militärgüter – die Einnahme trifft die Ukraine also hart. Beinahe wären die Russen noch weiter vorgedrungen, das hätte für die Ukraine einen schweren Verlust dargestellt. Das konnten die ukrainischen Truppen aber abwehren.
Doch was ist passiert, dass die Frontlinie ohne Verteidigung verblieb? Eigentlich hätte die 115. mechanisierte Brigade der ukrainischen Armee den Platz der Elite-Einheit einnehmen sollen. Doch das ging offenbar schief.
So zumindest berichtet es Mykola Melnyk, dem Kompaniechef der 47. Brigade. Ihmzufolge hätten sich einige Einheiten "einfach verpisst". So zitiert ihn "Forbes".
Laut "Merkur" gibt es aber auch Spekulationen darüber, dass russische Einheiten chemische Waffen eingesetzt haben. Die Zeitung zitiert einen ukrainischen Militärvertreter, der den russischen Streitkräften vorwirft, "gesamte verfügbare Waffenarsenal, einschließlich Chemikalien" eingesetzt zu haben. Laut der "Berliner Zeitung" will die Armeeführung in Kiew nun Untersuchungen einleiten, um die Gründe zu erörtern.
Ukrainische Soldaten sind erschöpft
Der weitere russische Durchmarsch konnte laut "Forbes" auf den letzten Drücker gestoppt werden – weitere Gebietsgewinne wurden also vorerst abgewendet. Doch die Zeitung weist auch darauf hin, dass weitere russische Divisionen in der Gegend stationiert seien, die bislang nicht in die Kämpfe verwickelt seien.
Meint: Treten sie in den dortigen Kampf ein, könnten sie den Ukrainer:innen die Gegenwehr womöglich weiter erschweren. Mit Blick auf die ausgelaugte 47. Brigade könnte das auch bedeuten, dass sich die Frontlinie weiter verschieben würde, sollte eine Gegenwehr mau ausfallen.
Die Lage der eingenommenen Stadt ist ein Vorteil für die russischen Truppen, erklärt der Militärexperte Markus Reisner bei ntv. Denn: Otscheretyne liegt erhöht. Die russischen Streitkräfte können somit das umliegende Gebiet im Blick behalten.
US-Hilfen können Situation entschärfen
Auch die "Berliner Zeitung" spekuliert, dass der militärische Druck Moskaus in den kommenden Tagen weiter erhöhen könnte. Erwartet werde, dass die russische Sommeroffensive vorgezogen werden könnte. Grund dafür könnten die von den USA bewilligten milliardenschweren Militärhilfen sein, die Putin Druck machen.
Die Zeitung zitiert den ukrainischen Militärgeheimdienstchef Kyrylo Budanow der erklärt hatte, der Ukraine stünden "schwere Wochen" bevor. Denn Russland werde versuchen, Fakten zu schaffen, ehe die Waffenhilfe der USA die Front erreiche. Präsident Joe Biden will das Hilfspaket in den kommenden Tagen unterschreiben.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet daher mehr Munition und die Artillerieraketen ATACMS, mit denen russische Munitionslager weit hinter der Front getroffen werden können. Diese Raketen könnten der Ukraine aus Sicht von Militärexperte Reisner einen dringenden zeitlichen Vorteil verschaffen, erklärt er bei ntv.
Auch das Instute for the Study of War in Washington vermutet: "Die russischen Streitkräfte scheinen ein weites Eindringen in die ukrainischen Linien nordwestlich von Awdijiwka anzustreben." Dieser Plan dürfte aber durch die US-Hilfen und Unterstützung aus Europa gestört werden.
Problematisch ist laut "Forbes" aber: Viele der ukrainischen Brigaden sind nach Monaten und Jahren des Kämpfens erschöpft. Auch wenn neue Waffen auf dem Weg sind, braucht es fitte Soldat:innen, die diese bedienen können. Wie händeringend Kiew auf der Suche nach neuem Personal ist, zeigt auch der verzweifelte Vorstoß, keine neuen Pässe an im Ausland lebende Männer im wehrfähigen Alter auszustellen.
Nach dem Ampel-Aus war abzusehen, dass die Rot-Grüne Minderheitsregierung ohne ihren Ex-Partner FDP nicht mehr viele Projekte im Bundestag umsetzen kann. Denn auch die Union zeigte bei den meisten Themen wenig Interesse an einer Zusammenarbeit.