Der Krieg in der Ukraine ist nicht vorbei. Auch wenn in anderen Ländern die Aufmerksamkeit schwankt, geht das Leid weiter – auf dem Schlachtfeld, in den Kliniken, in den Wohnzimmern. Kriegsverletzungen, Traumata und Angst sind der neue Alltag der meisten Ukrainer:innen.
Besonders sichtbar wird das auf Tiktok und Instagram. Dort dokumentieren Veteranen, was viele nicht sehen: das Leben nach der Front.
So auch bei Vadim Rybachuk – er zeigt sich öffentlich, verletzlich, ehrlich. Im Januar 2025 postet er ein Video auf Instagram. Es zeigt ihn auf einer Reha-Liege. Sein linker Arm ist unbeweglich, das rechte und Teile des linken Beins wurden amputiert. Er zieht sich mit Kraft nach vorne, stützt sich ab, übt Bewegungen, während Reha-Seile von der Decke baumeln. Dazu schreibt Vadim: "Ich habe mich verändert, aber ich gebe nicht auf."
Ein Jahr zuvor war alles noch ganz anders: Er hatte damals ein Video von sich und seiner Familie veröffentlicht, unverletzt und lachend, während seine Kinder und Frau auf ihm sitzen. Es sind Bilder aus seinem früheren Leben.
Denn Vadim Rybachuk war als ukrainischer Soldat an der Front, wurde dort schwer verletzt.
Am 25. November 2024 teilte Vadim schließlich seinen ersten Clip nach dem Einsatz, inmitten eines Friedhofs mit Hunderten ukrainischen Flaggen und Gedenkkerzen. Er fährt im Rollstuhl durch das nasse Kopfsteinpflaster. Die Verzweiflung und Trauer können Beobachter:innen wohl nur erahnen. Doch er hat überlebt.
Seit seiner Rückkehr dokumentiert der Ukrainer den Rehabilitationsprozess in kurzen Clips auf Tiktok (@nervniy30) und Instagram (@vadimnerniy). Unterstützt wird er dabei von seiner Partnerin.
Die Plattform "United 24", die unter der Schirmherrschaft von Präsident Selenskyj steht, teilte seine Geschichte zuletzt mit Bewunderung: "Die Familie Rybachuk [...] macht den langen Weg der Rehabilitation durch. Der Veteran Vadim Rybachuk wurde an der Front verletzt. Um ihre Reise zu dokumentieren, begann die Familie, Videos zu drehen." Dazu ein emotionaler Clip, der verdeutlicht, wie das neue Leben der Familie aussieht.
Die Videos sind keine Heroisierung – sondern ein Blick in den Alltag zwischen Klinik, Trauma und Familienleben. Offenbar ist zwischen all der Anstrengung auch das Lachen wieder zurückgekehrt.
Viele der Clips auf seinem Account zeigen nicht nur Vadim allein, sondern ihn mit seiner Frau und den Kindern. In einem Video wird ihm der Sohn auf den Arm gesetzt. In einem anderen tanzt seine Frau im Hof, während er im Rollstuhl mitwippt. Auch seine Tochter tanzt mit ihm und strahlt ihn an. Die Kommentarsektion ist voll mit Unterstützungsbotschaften. "Wahrer Krieger" schreibt eine Userin. "Gut gemacht, bleib stark", eine andere. Viele bedanken sich für die Verteidigung ihres Landes.
Während Vadim Rybachuk in der Reha um Beweglichkeit kämpft, tobt der Krieg in der Ukraine unvermindert weiter. Am 4. Mai griff Russland erneut Kiew mit Drohnen und Raketen an – mindestens elf Menschen wurden verletzt, darunter zwei Kinder. Die Ukraine reagierte mit einem Angriff auf eine Fabrik in der russischen Region Brjansk. Zudem schoss eine ukrainische Seedrohne erstmals ein russisches Kampfflugzeug ab.