Sie haben europäischen Boden betreten: 27 jugendliche Migranten durften nach vier-tagelangen Warten an Bord des Schiffs "Diciotti" im Hafen von Catania auf Sizilien verlassen. Für die anderen 137 Menschen schaut es bisher schlecht aus.
137 Menschen sind noch auf dem Schiff – und brauchen dringend Hilfe, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR mitteilt. Auch eine EU-Kommissionssprecherin forderte nun, die Menschen so schnell wie möglich an Land zu lassen: "Wir verstärken unsere Anstrengungen, um eine langfristige Lösung zu finden," sagte sie.
Die EU-Kommission hatte sich mit einem Aufnahmeersuchen an mehrere Staaten gewandt – auch an Deutschland. Eine Entscheidung über eine Aufnahme sei aber noch nicht getroffen, hieß es am Mittwoch aus dem deutschen Innenministerium in Berlin. Aus dem römischen Innenministerium heißt es, dass die EU-Kommission für diesen Freitag eine Sitzung auf Arbeitsebene einberufen habe.
Der "Tagesschau" sagte ein Sprecher der Organisation "Save the Children", dass die Lage an Bord der "Dicotti" dramatisch sei. Demnach seien auch viele Minderjährige und Frauen an Bord der "Dicotti".
Der als Hardliner bekannte italienische Innenminister Matteo Salvini will die Menschen erst an Land gehen lassen, wenn es "Antworten von Europa" sprich Zusagen zur Aufnahme der Bootsflüchtlinge durch andere Länder – gibt, wie aus Kreisen seines Ministeriums verlautete.
In Catania demonstrierten indes Aktivisten der Hilfsorganisation "Emergency" für die Erlaubnis, die Migranten und Flüchtlinge an Land gehen zu lassen.
Catania sei eine solidarische und offene Hafenstadt. "Die Behörden sollen die Migranten an Land holen", forderten die Aktivisten.
Auch der Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer, Roberto Fico, forderte die sofortige Aufnahme der Flüchtlinge. "Zuerst sollen die Flüchtlinge landen, danach werden wir an ihre Umverteilung denken", sagte Fico, Spitzenpolitiker der mit der rechten Lega regierenden linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung.
Wegen seiner humanitären Einstellung war Fico zuletzt mit Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini in Konflikt geraten, der seinerseits einen harten Kurs in der Migrationspolitik verfolgt.
Salvini warf Deutschland, Portugal, Spanien, Irland und Malta am Dienstag vor, Versprechen gebrochen zu haben. Bislang habe nur Frankreich seine Verpflichtung erfüllt und 47 Migranten aufgenommen, die Mitte Juli mit rund 400 anderen in Italien an Land gingen.
Dies hatte die Regierung in Rom ebenfalls erst erlaubt, nachdem die EU-Partner zugesagt hatten, je 50 – beziehungsweise im Fall von Irland 20 – Migranten aufzunehmen.
Die EU-Kommission bemühe sich weiter um eine Lösung für die Menschen auf der "Diciotti", sagte ein Sprecher in Brüssel. "Das ist der Fokus unserer Arbeit", sagte er ohne weitere Details zu nennen. Italien hatte Brüssel am Sonntag aufgefordert, EU-Länder zu finden, die bereit sind, einige der Migranten aufzunehmen.
Neben Italien weigert sich auch Malta, seine Häfen für die aus Seenot Geretteten zu öffnen. Die beiden Länder handelten in den vergangenen Wochen mehrmals mit anderen EU-Staaten die Umverteilung von Flüchtlingen aus.
(hd/dpa)