Nach tagelangem Ausharren auf dem offenen Meer ist das Rettungsschiff "Aquarius" in den Hafen der maltesischen Hauptstadt Valletta eingelaufen. Das teilte die Hilfsorganisation SOS Méditerranée am Mittwochnachmittag auf Twitter mit. Das Rettungsschiff mit 141 aus Seenot geretteten Menschen an Bord hatte fünf Tage auf hoher See warten müssen, bevor Malta sich bereit erklärte, es anlanden zu lassen. Zuvor hatten Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Portugal und Spanien angekündigt, die Geretteten aufzunehmen.
Die Bundesregierung fordert eine baldige europäische Absprache zur Aufnahme und Verteilung von aus Seenot geretteten Flüchtlingen. Es sei erforderlich, «dass es dauerhaft verlässliche europäische Lösungen bei der Seenotrettung, bei den Asylverfahren und bei der Aufnahme von Flüchtlingen gibt», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Deutschland sei bereit, seinen Beitrag zu leisten. Kanzlerin Angela Merkel hatte zuvor das EU-Asylsystem als nicht praktikabel erklärt, weil die Verteilung der Flüchtlinge nicht funktioniere.
Allein am Mittwoch wurden vor der Küste Spaniens 500 Flüchtlinge gerettet. 40 Menschen seien in der Straße von Gibraltar aufgegriffen worden, weitere 284 im westlichen Mittelmeer, sagte ein Sprecher der spanischen Seenotrettung. Allein bis Ende Juli sind nach Zahlen des Innenministeriums in Madrid mehr als 22 000 Flüchtlinge angekommen - etwa so viele, wie im Gesamtjahr 2017. Die Flüchtlingsroute hat sich in den vergangenen Monaten immer mehr nach Spanien verlagert. Auf einem informellen EU-Treffen im September in Salzburg wollen die Staats- und Regierungschefs über die Asylpolitik diskutieren.
Die tagelange Irrfahrt der "Aquarius" belegt die Hilflosigkeit der EU.
Die Ereignisse von Freitag zeigten, dass die Libyer nicht in der Lage seien, Rettungsaktionen vollständig zu koordinieren, erklärten die Organisationen. Sie warfen der Behörde außerdem vor, die "Aquarius" nicht über Seenotfälle informiert zu haben, von denen sie wusste, obwohl das Schiff in der Nähe gewesen sei und Hilfe angeboten habe.
Mehr als die Hälfte der Geretteten ist minderjährig, 67 von ihnen sind unbegleitet unterwegs. Die große Mehrheit der Migranten stammt aus Eritrea und Somalia.
Die "Aquarius" war am 1. August trotz der Schwierigkeiten bei der letzten Mission wieder in die Rettungszone gefahren. Die italienische Regierung hatte den Seenotrettern erstmals die Einfahrt in einen Hafen verwehrt. Italiens Innenminister Matteo Salvini sagte am Samstag in einem Radio-Interview, dass die "Aquarius" auch dieses Mal "sicher nicht" in einem italienischen Hafen anlanden werde.
Neben der "Open Arms" ist die "Aquarius" derzeit das einzige Rettungsschiff, das noch vor der libyschen Küste in internationalen Gewässern nach in Seenot geratenen Flüchtlingen sucht. Spanische Behörden hatten nach Darstellung von Proactiva Open Arms das Schiff allerdings am Freitag am Auslaufen im andalusischen Algeciras gehindert. Eine Sprecherin sagte Europa Press, die Behörden wollten noch Fragen in Bezug auf die Besatzung klären. Die Organisation rechnet damit, nicht vor Montag wieder in See stechen zu können.
(hd/czn/dpa/afp)