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Interview

Juli-Chefin Franziska Brandmann mahnt die Ampel: Schluss mit dem Kindergarten

Franzsika Brandmann, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen wünscht sich, dass die FDP in den Debatten mehr in die Offensive geht.
Franzsika Brandmann, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen wünscht sich, dass die FDP in den Debatten mehr in die Offensive geht.Bild: @iamdavidrenz
Interview

Juli-Chefin Franziska Brandmann fordert von der Ampel: "Schluss mit stillosem Streit"

28.03.2023, 17:27
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Die FDP steht zunehmend unter Druck. Fünf miese Ergebnisse bei Landtagswahlen, der Dauerstreit in der Ampel und ein Vize-Chef, der seinen Kollegen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vergleicht.

Am Rande des 66. Bundeskongresses der Jungen Liberalen hat watson mit der Bundesvorsitzenden Franziska Brandmann über die aktuelle Lage der FDP gesprochen.

watson: Franziska, du bist gerade mit dem Bundesvorsitzenden der Jungen Union Johannes Winkel in der Ukraine gewesen. Davor hattet ihr gemeinsam die Petition "Solidarität mit der Ukraine: Manifest für Freiheit in Europa" ins Leben gerufen. Wie kam das zustande?

Franziska Brandmann: Es war mir ein Herzensanliegen, dass wir als demokratische Jugendorganisationen am Jahrestag des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ein Zeichen setzen. Zudem wollte ich einen Gegenentwurf zu dem Manifest von Schwarzer und Wagenknecht auf die Beine stellen. Ich bin mir sicher, dass die junge Generation in Deutschland größtenteils solidarisch hinter der Ukraine steht.

Hatten die Jusos und die Grüne Jugend keine Lust, mitzumachen?

Ich habe ihnen das Angebot gemacht, dass wir eine gemeinsame Aktion machen, aber nur die Junge Union hat das Angebot angenommen. Das finde ich sehr schade.

Dafür gab es reichlich Unterstützung aus den eigenen Reihen der FDP: Darunter auch FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki, der momentan für Krawall sorgt.

Ich freue mich, dass Kubicki den Appell unterzeichnet hat, genau wie viele andere Politiker unterschiedlicher Parteien und überparteiische Sicherheitsexperten. So ist deutlich geworden: Die Unterstützung der Ukraine sollte nicht an Parteizugehörigkeiten oder ähnlichem hängen. Sie ist eine Frage der Haltung.

Beim Namen Kubicki klangst du jetzt weniger begeistert.

Ich schätze Wolfgang Kubicki – als Menschen und als Politiker, denn er hat viel für die FDP geleistet. Aber dass er kürzlich das Freiheitsverständnis von Robert Habeck mit dem von Wladimir Putin verglichen hat, fand ich das einfach nur daneben. Ich war gerade auf dem Rückweg aus der Ukraine. Irgendwo zwischen der Ukraine und Polen saß ich in der Bahn und las parallel sowohl, dass gerade wieder Zivilisten in der Ukraine durch eine Bombe getötet wurden und dass Kubicki sich zu diesem Statement hat hinreißen lassen.

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Wolfgang Kubicki, stellvertretender FDP-Parteivorsitzender, verglich jüngst Robert Habeck mit Wladimir Putin.Bild: dpa / Michael Kappeler

Was hat das in dir ausgelöst?

Das Gefühl, dass ich mich von solchen Statements nicht vertreten fühle. So eine Aussage geht nicht – für keinen Politiker irgendeiner Partei. Das ist kein Statement, das ich von einem stellvertretenden Parteivorsitzenden meiner Partei hören möchte. Kubicki hat in der Vergangenheit mehrfach Statements abgegeben, die einfach drüber waren. Ich wünsche mir, dass das umgehend aufhört, weil ich seine erneute Kandidatur für den stellvertretenden Bundesvorsitzenden sonst nicht unterstützen kann.

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Das ist eine klare Ansage. Allgemein steht es momentan ja nicht so gut um die FDP, oder?

Ja, wir haben zuletzt bei Landtagswahlen viel Zustimmung verloren. Wir sollten das ernst nehmen. Mein Gefühl ist, dass gerade viele junge Wähler:innen den Eindruck bekommen, dass die FDP sich sehr darauf konzentriert, Schlimmes zu verhindern, aber nicht genug darauf, ihre eigenen Forderungen einzubringen und durchzusetzen. Das können wir besser – und müssen es auch besser machen, denn viele Menschen in Deutschland stellen sich gerade sehr grundsätzliche Fragen.

Welche?

Geht es gerecht in diesem Land zu? In welcher Zukunft wachsen meine Kinder auf? Wie kann unser Land auch in Zukunft Wohlstand generieren? In diese Debatten muss sich die FDP offensiv einbringen.

Juli-Chefin Franziska Brandmann beim 66. Bundeskongress der Jungen Liberalen in Halle (Saale).
Juli-Chefin Franziska Brandmann beim 66. Bundeskongress der Jungen Liberalen in Halle (Saale).Bild: iamdavidrenz

Die FDP sollte also mehr den Ton angeben?

Unbedingt. Meiner Ansicht nach befindet sich die FDP momentan in vielen Debatten in der Defensive. Das wollen wir Julis ändern – gerade jetzt in diesen schwierigen Zeiten. Die FDP sollte hier ihre Kompetenz als Problemlöser zeigen und Vorschläge vorlegen, damit sie wieder ein Magnet für liberal denkende Menschen wird.

Ist sie das momentan nicht? Vertritt die FDP noch die Wünsche ihrer Wähler:innen?

Natürlich tut sie das. Was die FDP in den vergangenen anderthalb Jahren erreicht hat, lässt sich sehen. Innerhalb einer Koalition mit SPD und Grünen die Schuldenbremse einzuhalten, das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche und das diskriminierende Blutspendeverbot für Homosexuelle abzuschaffen und vieles mehr.

Trotzdem verliert die FDP an Wählerstimmen.

Es liegt nicht daran, dass wir die falschen Themen hätten. Die FDP setzt um, was sie im Wahlkampf angekündigt hat. Allerdings zieht sie in der Kommunikation oft den Kürzeren, weil sie nicht öffentlich mit dem wirbt, was sie erreicht und was sie noch erreichen will. Stattdessen hadert die FDP damit, wie schwierig die Ampelkonstellation ist. Ich wünsche mir stattdessen mehr inhaltliche Attacke.

13.02.2023,Berlin,Deutschland,ein Tag nach der Wiederholung zur Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen.FDP Wahlplakat mit Motiv Sebastian Czaja *** 13 02 2023, ...
Wahlschlappen bei der Berlin-Wahl: Die FDP erreichte nicht die Fünf-Prozent-Hürde. Bild: imago / Stefan Zeitz

Wie bewertest du die Streitkultur innerhalb der Ampel momentan?

Wir sehen gerade zum ersten Mal eine Bundesregierung, die aus drei ganz unterschiedlichen Parteien besteht. Natürlich gibt es da oft unterschiedliche Meinungen und Streit – das finde ich übrigens auch total okay. Das ist doch Teil einer gesunden Demokratie. Wie traurig wäre es denn, wenn diese drei total unterschiedlichen Parteien immer einer Meinung wären und nur die Union als demokratische Oppositionspartei mal Kontra geben würde?

Aber?

Ich wünsche mir mehr inhaltliche Debatte, keinen stillosen Streit unter der Gürtellinie. Wie alle drei Parteien sich aktuell gegenseitig Schuldzuweisungen machen, das nervt. Es geht nicht um persönliche Befindlichkeiten, sondern um unser Land. Deshalb wünsche ich mir, dass alle drei Parteien einfach mal mit dem Kindergarten aufhören und sich um Inhalte kümmern.

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Nicht immer einer Meinung: Der Dauerkrach in der Ampel sorgt für viel Trubel.Bild: dpa / Michael Kappeler

Dabei trägt die FDP den Stempel der "Nein-Sager-Partei", die bei vielen Dingen Steine in den Weg rollt.

Wer hätte denn gerne einen Finanzminister, der immer "Ja" sagt, wenn Minister mit neuen Milliardenforderungen um die Ecke kommen? Das ist kein Monopoly-Spielgeld, um das es geht, sondern das Geld der Steuerzahler:innen. Ich finde es richtig, dass Christian Lindner da hart bleibt, und bin ihm dafür dankbar – gerade, wenn ich daran denke, dass SPD und Grüne sonst gerne Schulden machen würden. Diese Schulden müsste meine Generation dann irgendwann zurückzahlen. Grüne und SPD erheben unabgesprochene und nicht-gegenfinanzierte Milliardenforderungen – und stellen dann die FDP als Nein-Sager-Partei dar.

Das klingt, als wäre die FDP in einer Opferrolle? Alle stürzen sich auf die Liberalen?

Ja und nein. Die FDP steht von allen Seiten unter Beschuss. Auf der einen Seite regen SPD und Grünen sich auf, die FDP blockiere angeblich alles. Auf der anderen Seite stellt die Union die FDP als linksgrüne Vorhut der Ampel dar. Eigentlich zeigt das doch, dass die FDP genau in der politischen Mitte steht. Wenn man von links und rechts angegriffen wird, dann empfiehlt es sich aus meiner Sicht, ganz stabil auf seinem Standpunkt zu verweilen und damit in der Debatte in die Offensive zu gehen.

Das kann die FDP in den kommenden Landtagswahlen unter Beweis stellen.

Ich freue mich auf die Wahlen in Bremen, Bayern und Hessen. Ich hoffe, dass die inhaltlichen Schwerpunkte der FDP viele Bürger überzeugen. Bremen bekommt seit Jahren attestiert, dass die Bildungspolitik dort eine Vollkatastrophe ist. Da kommt die FDP als Bildungs- und Aufstiegs-Partei doch genau richtig.

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Im Mai finden die Landtagswahlen in Bremen statt. Im Herbst folgen die Wahlen in Hessen und Bayern.Bild: dpa / Paul Zinken

Auch in Bayern, wo sich Markus Söder als Sonnenkönig präsentiert, können liberale Bürger nur eines tun: FDP wählen. In Hessen macht die schwarz-grüne Landesregierung seit Jahren einfach gar nichts. Totaler Stillstand. Die FDP hat so viele Reformideen für ein starkes Hessen – ich freue mich richtig darauf, dort Wahlkampf zu machen.

Reformmotor an, Wahlschlappen vorbei. Wird das so einfach sein?

Das hört sich doch nach einem Plan an! Ich werde mich voll in den Wahlkampf stürzen.

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