Nach monatelangen Spannungen hat Israel seine Drohungen wahr gemacht und einen Großangriff auf den Iran gestartet, der am Samstag andauerte. Zur Begründung verwies Israel auf das fortgeschrittene Atomprogramm Teherans. Der Iran sprach von einer "Kriegserklärung" und startete Gegenangriffe mit Drohnen und Raketen.
Alle Informationen zu den Angriffen auf beiden Seiten findest du hier.
Irans Außenminister hat im Krieg mit Israel ein Ende der Raketenangriffe in Aussicht gestellt. Die Attacken dienten "einzig der Selbstverteidigung und der Reaktion auf Aggression", sagte Außenminister Abbas Araghtschi laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. "Wenn die Aggression aufhört, wird auch unsere Reaktion enden", sagte der Minister bei einem Treffen in Teheran mit Botschafter aus zahlreichen Ländern.
Die Erzfeinde Israel und Iran haben sich in der Nacht erneut mit heftigen Angriffswellen überzogen. In Israel wurden mindestens 13 Menschen getötet, darunter mehrere Kinder, wie örtliche Medien unter Berufung auf die Rettungskräfte berichteten. Rund 370 Menschen seien verletzt.
Aus mehreren Städten wie der Küstenmetropole Tel Aviv sowie Jerusalem und Bat Jam gab es Berichte über getroffene Gebäude. Israels Luftwaffe wiederum bombardierte in der iranischen Hauptstadt Teheran nach eigenen Angaben das Verteidigungsministerium sowie "Infrastruktureinrichtungen des iranischen Atomwaffenprojekts" und Öllager.
Die israelische Armee hat sich nach eigenen Angaben mit Angriffen auf Ziele im Iran die Lufthoheit über dem westlichen Iran verschafft. "Wir haben uns Handlungsfreiheit in der Luft im gesamten Westen des Iran bis nach Teheran verschafft. Teheran ist nicht länger geschützt", sagte der israelische Armeesprecher Effie Defrin am Samstag vor Journalisten.
Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei drohte Israel mit folgenschweren Konsequenzen, zugleich startete die Islamische Republik Gegenangriffe mit zahlreichen Drohnen und Raketen Richtung Israel.
Die israelische Armee startete am frühen Freitagmorgen den Großangriff "Rising Lion" (sich erhebender Löwe). Nach ihren Angaben waren rund 200 Kampfflugzeuge daran beteiligt, rund hundert Ziele im Iran wurden attackiert, darunter in der Hauptstadt Teheran, die Atomanlage Natans sowie mehrere Militäreinrichtungen.
Auch die Kommandozentrale der Luftwaffe der Revolutionsgarden wurde angegriffen. Ebenfalls attackiert wurden nach Angaben iranischer Staatsmedien Ziele in der Provinz Ost-Aserbaidschan.
Israels Verteidigungsminister Israel Katz sprach am Freitag von einem "Präventivschlag" aufgrund des weit fortgeschrittenen iranischen Atomprogramms, Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte an, dass die Militäraktion "so viele Tage" dauern werde wie nötig.
Bei den nun erfolgten Angriffen sei "das Herz" des iranischen Atomprogramms zur Anreicherung von Uran getroffen worden, erklärte Israels Regierungschef Netanjahu. Laut iranischen Angaben wurden auch die Anlagen in Fordo und Isfahan beschädigt.
Israel konnte bei dem Angriff offenbar auf die Rückendeckung der USA bauen. Präsident Donald Trump erklärte, er sei im Voraus über die Angriffe informiert gewesen und betonte, Teheran dürfe "keine Atombombe besitzen".
US-Außenminister Marco Rubio erklärte, Israel sei auf die militärische und diplomatische Unterstützung der USA angewiesen, habe die Angriffe aber allein ausgeführt. "Wir sind nicht an Angriffen gegen den Iran beteiligt, und unsere oberste Priorität ist der Schutz der amerikanischen Streitkräfte in der Region", sagte er.
Wie allerdings das Nachrichtenportal "Middle East Eye" unter Berufung auf zwei hochrangige US-Beamte berichtet, sollen die Vereinigten Staaten vor dem israelischen Angriff auf den Iran heimlich rund 300 Hellfire-Raketen an Israel geliefert haben. Die Waffenlieferung erfolgte demnach bereits am Dienstag – während die Trump-Regierung offiziell weiterhin an Gesprächen mit dem Iran über ein neues Atomabkommen festhielt.
Der Iran machte Washington direkt für die Folgen der israelischen Angriffe verantwortlich. Diese hätten "nicht ohne die Koordinierung und Genehmigung der Vereinigten Staaten ausgeführt" werden können, erklärte das Außenministerium in Teheran.
Trump hatte den Iran in den vergangenen Monaten mehrfach gewarnt, dass es ohne eine Einigung im Atomstreit zu einem Militäreinsatz kommen könnte. Am Sonntag sollte es Berichten zufolge erneut Gespräche geben – doch das war der Stand vor Israels Angriff. Für den Fall eines Scheiterns der Gespräche hatte Trump dem Iran auch wiederholt mit Militärschlägen gedroht.
Es besteht die Befürchtung, dass die Führung des Irans Vergeltungsschläge gegen US-Stützpunkte in der Region anordnen könnte. Die USA als Israels wichtigster Verbündeter hatten diese Woche aus Sicherheitsgründen eine Reduzierung ihres Botschaftspersonals im Irak veranlasst.
Der Iran hat am Samstagmorgen Israels Verbündeten bereits mit Angriffen gedroht. Iran habe Frankreich, Großbritannien und die Vereinigten Staaten offiziell über weitere Angriffe gegen Israel informiert, berichteten iranische Medien übereinstimmend. Länder, die sich an der Abwehr iranischer Angriffe beteiligten, müssten demnach selbst mit Attacken rechnen. Als mögliche Ziele werden regionale Militärstützpunkte verbündeter Staaten sowie Schiffe im Persischen Golf und Roten Meer genannt.
In seinem Nachbarland Irak übt der Iran großen Einfluss aus, unter anderem über verbündete schiitische Milizen. Zudem verfügt die Regionalmacht über Raketen, die Israels Staatsgebiet erreichen können.
Israel stellt sich auch darauf ein, dass Teherans Verbündeter im Jemen, die Huthi-Miliz, ihre Angriffe auf Israel noch verstärken könnte. Außerdem wird befürchtet, dass auch die libanesische Hisbollah-Miliz trotz einer seit November geltenden Waffenruhe wieder in den Konflikt eingreifen könnte.
Die politische Führung des Irans beteuert immer wieder, dass sie nicht nach Atomwaffen strebe und die Nuklearanlagen für zivile Zwecke nutzen wolle. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und viele Staaten sind jedoch besorgt, dass Teheran immer näher an den Punkt rückt, solche Kernwaffen herstellen zu können. Denn der Iran produziert als einziger kernwaffenfreier Staat Uran mit beinahe waffentauglichem Reinheitsgrad.
Diese Woche hatte zudem das Lenkungsgremium der IAEA in einer Resolution formell festgestellt, dass Teheran gegen seine Verpflichtung verstoßen habe, sein gesamtes Atomprogramm offenzulegen.
Israel sieht sich durch das iranische Atomprogramm in seiner Existenz bedroht. Der Iran hatte dem jüdischen Staat immer wieder mit Vernichtung gedroht. Im vergangenen Jahr standen Israel und der Iran bereits mehrfach am Rande eines offenen Kriegs.
(dr/fas/dpa/afp)