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Wahlkampf: Auch CDU, SPD, FDP und Grüne haben Red Flags

Linder, Scholz, Habeck, Merz. Am Handy.
Es ist Wahlkampf: Vorzeige-Schwiegersöhne erstellen sich noch schnell ein Tinder-Profil.Bild: imago images / Political-Moments
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Red Flags im Wahlkampf: Auch CDU, SPD, FDP und Grüne sind undateable

13.01.2025, 16:1413.01.2025, 17:50
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Sprechen wir in Deutschland über den Rechtsruck, dann geht es meistens nur um die AfD, und manchmal in "Spiegel-TV"-Dokus auch um Neonazi-Aufmärsche. Unter anderem die Massenproteste infolge der enthüllten Pläne zur "Remigration" vor ziemlich genau einem Jahr zeigen: Die AfD ist für einen Großteil der Bevölkerung quasi undateable.

Der Exfreund, zu dem die beste Freundin auf gar keinen Fall zurückgehen sollte. Wir kennen ja alle die NS-Geschichte Deutschlands – "nie wieder ist jetzt" und so. Gilt meistens auch im Dating.

Die Parteien mit demokratischem Selbstverständnis, CDU/CSU, FDP, SPD und die Grünen, entsprechen allerdings eher der schlechten Ausbeute einer durchgeswipten Dating-App. Sie strotzen zum Teil nur so vor Red-Flags (oder sagen wir besser Brown Flags?), die aber gerne mal übersehen werden. Zwar ist das Bauchgefühl beim Kennenlernen nicht gut, aber das übergehen wir einfach und schlittern so in eine toxische Beziehung.

Bundestagswahl: Gaslighting, oder wie Merz uns verarschen will

Friedrich Merz zum Beispiel ist ein Meister darin zu gaslighten, also rhetorisch zu manipulieren. Als er im Dezember 2021 zum CDU-Chef erkoren wurde, beteuerte er noch im "Spiegel": "Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben."

Im September vergangenen Jahres wiederum bog er die Balken dann aber in eine andere Richtung: "Das Wort Brandmauer hat nie zu unserem Sprachgebrauch gehört. Das ist uns immer von außen aufgenötigt worden."

Und vor wenigen Tagen sagte eben selbiger Kanzlerkandidat der Union in einem Interview mit der "Welt am Sonntag", ihm wäre lieb, wenn Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft leicht abzuerkennen wäre.

Natürlich nur, wenn sie mal straffällig geworden sind. Natürlich nur, wenn sie eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Was heißt denn straffällig? Reicht es, dreimal ohne Fahrschein in der S-Bahn erwischt worden zu sein, um das Ticket zurück ins Kriegsgebiet dann gratis zu bekommen?

Allzu weit entfernt von den "Remigrationsplänen" der AfD und anderer Rechter, die Anfang 2024 durch die Correctiv-Recherche publik wurden, ist das jedenfalls nicht.

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Damals gab es einen großen Aufschrei, es wurde demonstriert, Politiker:innen distanzierten sich medienwirksam von der AfD, nahmen sogar an Demonstrationen gegen Rechts teil. Friedrich Merz übrigens lobte damals die Demos als ermutigendes Zeichen einer lebendigen Demokratie. Dabei war es doch eigentlich gar nicht so überraschend, dass eine in Teilen rechtsextreme Partei, nun ja, rechtsextreme Abschiebe-Pläne hegt.

Verlustangst macht blind vor Rechtspopulismus

Und zack sind wir drin in der Spirale von blinder demokratischer Liebe, Lug, Betrug und wahnsinnig vielen Enttäuschungen. Die CDU ist allerdings nicht die einzige Partei, die sich gerne mal rechtspopulistischer Aussagen bedient oder ihre Meinung von jetzt auf nachher ändert.

Längst vergessen, oder vielleicht verdrängt, weil es doch nur der unbeholfene Olaf ist, die Aussage von Scholz in einem Interview mit dem "Spiegel": "Wir müssen endlich im großen Stil abschieben."

Aber die SPD ist doch eine sozialdemokratische Partei! Aber er hat mir doch mal Blumen mitgebracht!

Unsere Angst vor dem Verlust der Demokratie ist so groß, dass wir uns an das klammern, was uns Hoffnung gibt. Ah, Robert Habeck trägt bunte Armbändchen, na dann schaue ich drüber hinweg, dass er vor wenigen Tagen gesagt hat, dass nur die Syrer:innen etwas wert sind, die arbeiten.

Alle anderen könnten doch, sobald Syrien wieder sicher ist, direkt zurück. Meiner besten Freundin würde ich in so einer Situation raten: "Lauf! Nur weil er sich die Nägel lackiert, ist er noch lange kein Feminist."

Apropos Feminismus und Gleichberechtigung: Auch Frauen können der toxische Part in einer Beziehung sein. Julia Klöckner (CDU) zum Beispiel hat sich erst vergangenen Donnerstag wie ein "Pick me girl" AfD-Wähler:innen an den Hals geschmissen. In einem Instagram-Post, der nur kurzzeitig online war, schrieb sie: "Für das, was Ihr wollt, müsst Ihr nicht AfD wählen. Dafür gibt es eine demokratische Alternative: die CDU."

Warte mal, heißt das, die CDU hat dieselben Ziele wie die AfD? Vielleicht ist es auch nur der verzweifelte Schrei nach Aufmerksamkeit und Liebe. Wer leidet hier eigentlich unter Verlustangst?

12.01.2025,Berlin,Wahlplakat zur Wahl zum 21. Deutschen Bundestag am 23. Februar 2025,Motiv FDP Christian Lindner,gesehen am Hohenzollerndamm im Bezirk Wilmersdorf Ortsteil Schmargendorf *** 12 01 202 ...
Bitcoin-Bro, der beim ersten Date das blaue vom Himmel verspricht.Bild: imago / Stefan Zeitz

Swipe rechts, swipe links

Der Swipepool auf Tinder und Co. scheint zwar unendlich groß. Ebenso groß aber ist die Enttäuschung nach dem zigsten Date mit einem Fuckboy aka Bitcoin-Bro aka "Ich habe ein Start-up gegründet"-Dude. Genau, die Rede ist von der FDP. Ihr kecker und vielversprechender Wahlspruch zur Bundestagswahl lautet: "Alles lässt sich ändern."

Klingt erstmal nett. Vielleicht wollen sie ja dem Rechtsruck etwas entgegensetzen.

Babe, lass nächsten Monat zusammen in den Urlaub fahren. Nächsten Monat dann so: Hä, wieso dachtest du, ich will eine Beziehung?

Was die FDP in Wahrheit will, klingt nur auf den ersten Blick okay: Sie wollen "Ordnung" in der Migration schaffen. Der zweite Blick verrät dann aber die Heuchelei: "Wir werden schneller bei Rückführungen, erschweren irreguläre Migration und senken Anreize, irregulär nach Deutschland zu kommen."

"Irreguläre Migration" ist, wie Pro Asyl argumentiert, nämlich ein Begriff, der rechtstoxisch aufgeladen ist und es ist fast ausgeschlossen, dass die FDP für regulierte, geordnete und somit sichere Wege nach Europa für Flüchtlinge sorgen will. Sie widersprechen sich ja auch schon selbst, denn sie wollen ja eben KEINE Anreize schaffen.

Also brown flags, äh red flags, so weit das Auge reicht und das eben nicht nur bei der AfD. In einer gesunden Beziehung ist es wichtig, Grenzen zu setzen. Wer setzt den "demokratischen" Parteien die Grenze? Vielleicht öfter mal nach links swipen!

Markus Söders gekränkte Eitelkeit ist eine Gefahr für Deutschland

Auf Instagram, seinem Wohlfühlort, bekannte sich Markus Söder im vergangenen Jahr dazu, Science-Fiction-Fan zu sein. Ihn interessiere das Weltall, die Planeten. Eigentlich, meinte Söder, "ist Saturn und Jupiter gar nicht so sexy". Spannend seien "die Monde drumherum".

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