Wie sieht Deutschland 2077 aus? Ein Satire-Video macht sich gerade auf Reddit über diese Frage lustig. Darin schneiden die Macher den Trailer zum neuen Science-Fiction-Game "Cyberpunk 2077" mit dem deutschen Alltag zusammen. Statt Virtual Reality und Vernetzung (wie im Spiel) bleibt es bei unfertigen Flughäfen und Berliner Offline-Kultur.
Der bissige Witz hätte kaum an einem besseren Tag online gehen können. Denn: Die Bundesnetzagentur hat an diesem Mittwoch eine Entscheidung getroffen, die einmal mehr zeigt, warum Deutschland in Sachen Internet noch immer so rückständig ist.
Geht es so weiter, wird sich auch bis "2077" nichts ändern
Es geht um Glasfaseranschlüsse in Mietshäusern. Der Beschluss der Bundesnetzagentur macht allen Usern Probleme, die sich für solche Anschlüsse entschieden haben. Und bestraft diejenigen, die solche Anschlüsse überhaupt anbieten. Stattdessen belohnt die Agentur veraltete Technologien und fördert, dass das Internet in Deutschland auch in Zukunft langsam bleiben wird. Denn die Bundesnetzagentur hat entschieden, dass alte (langsame) Kupferleitungen Vorrang haben vor schnellen Glasfaseranschlüssen – zugunsten eines großen Netzanbieters.
Glasfaseranschlüsse haben eindeutig Vorteile: Sie bieten schnelles Internet, weil mehr Daten durch ihre Kabel passen. In anderen Staaten gehört Glasfaser längst zum Standard. In Deutschland aber sind die Leitungen immer noch Ausnahme.
Netzbetreiber Telekom zögert mit dem Ausbau, weil dies dem Unternehmen vor allem auf dem Land zu teuer ist. Lieber setzt man auf alte, bereits verlegte Kupferleitungen und melkt diese mit der sogenannten Vectoring-Technologie, so gut man kann.
Gegenüber den Kunden jazzt die Telekom diese Übergangslösung derweil zur schnellen Zukunftstechnologie hoch. Fortschritt klingt allerdings anders.
Besser als hier lässt sich der Status Quo kaum erklären:
Gerade Politiker reden deshalb viel darüber, wie man diesen Missstand beseitigen will. "Bis zum Jahr 2018 soll es in Deutschland eine flächendeckende Grundversorgung mit mindestens 50 Mbit/s geben", schrieben Union und SPD 2013 in ihren Koalitionsvertrag. Das hat bereits nicht geklappt. Und woran liegt das? Unter anderem eben auch an der Behäbigkeit der Netzbetreiber.
Umso unverständlicher ist die Entscheidung der Bundesnetzagentur. Denn selbst, wer jetzt einen Glasfaseranschluss hat, muss diesen vielleicht bald wieder abschalten.
Der Grund: Die schnellen Anschlüsse stören die langsamen.
Denn Glasfaser scheint in vielen Mietshäusern technische Störungen bei der Vectoring-Technologie der Telekom zu verursachen. Um das Problem zu lösen, hat die Bundesnetzagentur deshalb entschieden, dass die alten Kupferleitungen Vorrang haben. (Welt)
Die Telekom darf verlangen, dass andere Anbieter ihre Leitungen drosseln.
Sie darf auch deren Glasfaser-Anschlüsse ganz abschalten.
Das hat eine enorme Signalwirkung.
Anstatt eine Zwischenlösung zu finden, ordnet sich die Bundesnetzagentur völlig den Interessen der Telekom unter.
Die Telekom bekommt damit einen Vorteil gegenüber Unternehmen, die sich auf Fortschritt spezialisieren wollen.
Anstatt eine Zwischenlösung für alle Kunden zu finden, lautet das Signal: Lieber die alten Anschlüsse bestellen.
Das alles lässt einen verwundert zurück und zeigt aufs Neue, dass offenbar die wirtschaftlichen Interessen des größten Netzanbieters Vorrang haben. Digital weiterentwickeln kann und wird Deutschland sich auf diese Weise nicht.
Um euch aber nicht ganz trostlos aus diesem Text zu entlassen, hier noch einmal der Original-Trailer zu Cyberpunk 2077.
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