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Merz trifft Großkonzerne: Wann werden Sozialverbände geladen?

German Chancellor Friedrich Merz attends a joint press conference with Romania's President Nicusor Dan at the chancellory in Berlin, Germany, Friday, July 18, 2025. (AP Photo/Ebrahim Noroozi)
Bundeskanzler Friedrich Merz, wenn jemand fragt, was Armut bedeutet.Bild: AP / Ebrahim Noroozi
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Merz trifft sich mit Großkonzernen: Reich und Schwerreich gesellt sich

Bundeskanzler Friedrich Merz trifft sich mit mehreren Vertreter:innen milliardenschwerer Großkonzerne. Da drängt sich die Frage auf, was eigentlich mit den Sozialverbänden ist. Hier wären Sitzungen bitter nötig.
21.07.2025, 17:4221.07.2025, 17:42
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Im Kanzleramt riecht's nach Milliarden. Vertreter:innen der Unternehmerinitiative "Made for Germany" trafen sich mit Bundeskanzler Friedrich Merz auf ein kleines Gespräch. Hinter dem Bündnis stecken Schwergewichte wie Siemens, Deutsche Bank und Axel Springer, sprich Unternehmen, die wirtschaftlich tonangebend sind.

Aber wieso? Eigentlich soll es um Investitionen in Deutschland gehen, quasi als kleines Dankeschön für das samtweiche Entlastungspaket. Nur kündigte die Initiative bereits an, in den nächsten drei Jahren 300 Milliarden Euro in den schwarz-rot-goldenen Wirtschaftsstandort zu stecken. Ein Treffen scheint da unnötig.

Nötig wäre es eher, Sozial-, Miet- und Klimaverbände wie auch Gewerkschaften im Kanzleramt zu empfangen. Offensichtlich fehlt dafür aber das Interesse. Mal wieder ein Beispiel für die soziale Leidenschaftslosigkeit des Bundeskanzlers.

Merz und der Sparkurs bei Sozialthemen

Aber kein sonderlich überraschendes. Eine angebotsorientierte Politik soll den Wirtschaftsstandort wieder stärken, so das alles beherrschende Kabinettsmantra. Steuererleichterungen für mehr Wachstum. Und Wachstum ist zwingend nötig, komme, was wolle. Weniger Unternehmenssteuern, weniger Körperschaftssteuern und mit der Kampfansage an die globale Mindeststeuer könnte die nächste Senkung bevorstehen.

Gleichzeitig soll an anderen Ecken gespart werden, bis es quietscht. Einschnitte beim Bürgergeld, Kürzungen für Förderprogramme, etwa Integrationskurse, rückläufige Investitionen in den Klima- und Transformationsfonds. Den Hohn-Höhepunkt erreicht die Offensive mit der Stromsteuer. Die soll für Unternehmen gesenkt werden, während Privat-Haushalte, anders als versprochen, leer ausgehen.

Es sind vor allem soziale Themen, die wenig Beachtung finden. Wie auch? Arme Menschen haben keine Lobby, zumindest keine finanzstarke. Ihre Interessen werden kaum gehört, Politik in ihrem Sinne verspricht ohnehin nur wenig Prestige. Für die Kapitalseite ist es zudem dienlich, wenn Armut wehtut. Haben Arbeiter:innen Angst, abzustürzen, mucken sie nicht.

Doch es sind nicht ausschließlich Armutsbetroffene, die unter nachlässiger Politik leiden. Steigende Mieten lassen kleine und mittlere Einkommen dahinschmelzen. Wobei die Formulierung falsch ist. Die Einkommen verschwinden nicht, sie wandern in die Taschen der Vermieter:innen beziehungsweise Immobilienkonzerne.
Selbiges gilt für Lebensmittel. Von Preissteigerungen profitieren Unternehmen, während Verbraucher:innen darben.

Politiker:innen fehlt das Bewusstsein für den Zustand des Großteils der Bevölkerung, der nicht massiv Geld zur Verfügung hat, gerade im unteren, aber auch im mittleren Einkommensdrittel. Schuld ist auch die Klassendistanz. Manche haben sie lange vor ihrer Zeit im Bundestag, etwa durch ein finanziell stabiles Umfeld, andere entwickeln sie während ihrer Amtszeit durch ein wuchtiges Einkommen.

Soziale Vereine für mehr soziales Bewusstsein

Treffen mit dem Mieterbund, mit dem Paritätischen Gesamtverband, mit der Arbeiterwohlfahrt, mit Vereinen wie Sanktionsfrei, mit Gewerkschaften, können die Distanz hinsichtlich Lebenswirklichkeit nicht auflösen. Das ist klar. Sie können aber das Bewusstsein für Nichtvermögende schärfen.

Das wäre aber nur der Anfang. Realpolitische Maßnahmen müssten anschließend folgen, um die Lebenssituation vieler spürbar zu verbessern. Symbolische Treffen allein taugen nichts. Wenngleich sie bei Sozialthemen deutlich sympathischer kommen als bei einer Großkonzern-Initiative. Aber Sympathie ist nicht unbedingt etwas, wodurch sich Merz auszeichnet.

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