Deutschland hat gewählt. Laut ARD und ZDF hat es bei dieser Bundestagswahl eine so hohe Wahlbeteiligung wie seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Sie lag demnach zwischen 83 und 84 Prozent und erreichte damit den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung.
Das Ergebnis der ersten Hochrechnungen ist nicht überraschend: Die Union ist wie erwartet mit Abstand stärkste Kraft, die AfD landet dahinter und wird damit voraussichtlich die stärkste Oppositionspartei. Die SPD ist deutlich abgesackt. FDP und BSW müssen noch um den Einzug in den Bundestag bangen, die Linke ist klar drin.
Kurz nach Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen treten erste Politiker:innen vor die Mikrofone. Das Wort, das wohl am häufigsten fällt: "historisch". Und zwar in beide Richtungen.
Robert Habeck erklärte, es sei ein "achtbares Ergebnis". Doch im Gegensatz zu den anderen Ampel-Parteien seien die Grünen nicht eingebrochen. Dass die Partei nicht ein, zwei oder drei Prozent mehr bekommen hat, erklärt sich Habeck mit der Abstimmung der Union mit der AfD. "Und danach haben sehr viele Leute gesagt: 'So nicht, nicht Friedrich Merz und nicht regieren mit der Union'".
Für Gespräche stehen die Grünen bereit, Kontakt zu Friedrich Merz werde er aber keinen suchen. "Ne, warum denn?", antwortete Habeck auf entsprechende Nachfrage. "Der Regierungsauftrag liegt bei Friedrich Merz, er muss jetzt sehen, was er damit macht."
Für das Verhalten, das der Unions-Kanzlerkandidat im Wahlkampf an den Tag gelegt hat, findet Habeck klare Worte: "Solche Reden wie gestern, die verbieten sich jetzt für einen kommenden Bundeskanzler." Man müsse jetzt sehen, "dass man wie ein Bundeskanzler agiert und nicht wie ein sauerländischer 'Was-Immer-Wahlkämpfer'". Merz' Anschuldigungen an die Demonstrierenden aus den vergangenen Wochen kritisierte er:
Kurz nach 18.30 Uhr trat Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz auf die Bühne und sprach von einem "historischen Wahlabend". In Bezug auf die Zahlen sagte er: "Wir haben diese Bundestagswahl 2025 gewonnen." Dabei ließ er aber auch den Anteil der CSU an dem Ergebnis nicht außen vor und bedankte sich bei Markus Söder.
Merz, der den Regierungsauftrag bei seiner Partei sieht, stimmte leicht versöhnliche Töne in Richtung der anderen Parteien an. Man hätte einen "sehr harten Wahlkampf geführt", sagte er. "Jetzt werden wir miteinander reden." Er betonte, wie wichtig es sei, eine "handlungsfähige Regierung" zu bilden und kündigte auch an, dass es bei den Koalitionsgesprächen schnell gehen müsse. Die Welt warte nicht.
Von einer "historischen Niederlage" sprach SPD-Generalsekretär Matthias Miersch bezogen auf das vorläufige Ergebnis seiner Partei im ZDF. Das sei an ganz bitterer Abend. Da half ihm auch kein drumherum Reden. Die Ampel sei abgewählt worden, sagt er. "Klar ist, dass es jetzt den Regierungsauftrag an Friedrich Merz gibt." Bei der Frage nach einer erneuten Regierungsbeteiligung der SPD hielt sich Miersch zurück. Klar sei, dass hier die Mitglieder das letzte Wort haben müssten.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat in seiner Rede die "Wahlniederlage" eingestanden. "Das ist ein bitteres Wahlergebnis für die sozialdemokratische Partei, das ist auch eine Wahlniederlage", erklärte er. Es sei ein "Ergebnis, aus dem wir gemeinsam nach vorne gehen müssen".
AfD-Chefin Alice Weidel hingegen sprach davon, dass die Partei ein "historisches Ergebnis" eingefahren hätte. Im Bund sei man nie stärker gewesen. Bei der vergangenen Bundestagswahl 2021 zog die in Teilen gesichert rechtsextreme Partei mit einem Endergebnis von 10,4 Prozent in den Bundestag ein. Nun konnte man das Ergebnis den ersten Zahlen zufolge fast verdoppeln.
"Man wollte uns halbieren, das Gegenteil ist eingetreten", erklärte Weidel. Erneut betonte sie ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Union. "Unsere Hand wird immer ausgestreckt sein für eine Regierungsbeteiligung." Die anderen Parteien haben eine Zusammenarbeit jedoch ausgeschlossen, sodass eine tatsächliche Regierungsbeteiligung unwahrscheinlich ist.
Große Freude gab es nach den ersten Zahlen auch bei der Linken. Demnach wird die Partei mit über acht Prozent deutlich stärker im Parlament vertreten sein als in der vergangenen Legislaturperiode. "Ich bin so unfassbar glücklich über unser Ergebnis", sagte Linken-Chefin und Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek gegenüber ARD.
Es sei richtig gewesen, sich auf das Thema Soziales zu konzentrieren. Man werde auch künftig für bezahlbaren Wohnraum und ein gerechtes Steuersystem eintreten, gab sie einen ersten Ausblick darauf, für welche Themen sich die Linke einsetzen wolle.