Russlands Angriffskrieg in der Ukraine krankt an vielen Stellen. Neue Geländegewinne gelingen nur in Mikrodosen, währenddessen drohen die Munitions- und Waffenbestände aus Sowjetzeiten zur Neige zu gehen. Aufgebraucht sind sie wohl nur deshalb noch nicht, weil es am nötigen Personal mangelt.
Um die eigenen Reihen aufzufüllen, musste sich Russlands Machthaber Wladimir Putin mit dem Aussätzigen der Staatengemeinschaft arrangieren: Nordkorea. Doch nicht nur aus Fernost stoßen ausländische Truppen dazu. Auch in der Ukraine wird rekrutiert. Und zwar mit Zwang und Drohung.
In den besetzten Gebieten will das russische Militär neue Verbände ausheben, um sie gegen die eigenen Landsleute in den Kampf zu schicken. Das stellt zwar einen Verstoß gegen die Genfer Konventionen dar. Ukrainische Partisanen erkennen trotzdem eine Chance darin.
Die sogenannten Atesh-Partisanen sind eine Gruppe ostukrainischer Widerständler, die im Verdeckten gegen die russische Besatzung vorgehen. Sie trugen auch Informationen für Berichte über die unfreiwillige Rekrutierung wehrdienstfähiger Männer aus den Gebieten Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk.
Sie sehen darin aber nicht nur einen offensichtlichen Verstoß gegen das internationale Kriegsrecht. Sondern wittern eine Chance. Einem Artikel der "Kyiv Post" zufolge nutzt der Partisanenverband die Gelegenheit, um Moskaus Truppen zu infiltrieren.
"Agenten aus unserer Bewegung", zitiert die Kiewer Zeitung, "haben das ausgenutzt und ließen sich im Rekrutierungsbüro als Freiwillige anwerben. Das wird uns ermöglichen, militärische Operationen durchzuführen und wichtige Informationen zu sammeln."
Wie die Widerstandsgruppe Journalisten mitteilte, soll das Versprechen gegenüber den ostukrainischen Freiwilligen lauten, dass sie nicht im Rahmen der "Spezialoperation" eingesetzt würden. Das glaube aber "aus naheliegenden Gründen" niemand.
Die Partisanen verbanden den Austausch mit dem Medium für einen Aufruf an eingezogene Ostukrainer:
Wie ukrainische Behörden berichten, soll die Rekrutierungsoffensive in den okkupierten Gebieten Anfang Oktober gestartet sein. Einem Statement des Nationalen Sicherheitsrats zufolge, peilt der Kreml an, rund 150.000 neue Kämpfer zu mobilisieren.
Bis 31. Dezember soll die Zahl erreicht werden. Wie der Sicherheitsrat verlauten ließ, läuft der Zwangseinzug aber schleppend, da sich dem russischen Militär viele der besetzten Ukrainer verweigern. Demzufolge sollen nur rund 40 Prozent des angepeilten Zwischenziels bis dato erreicht worden sein.
Zudem seien in jedem einzelnen Gebiet die angepeilten Rekrutierungszahlen unterboten worden. Besonders renitent zeigen sich offenbar die Männer in Saporischschja. Dort sollen sich weniger als ein paar Dutzend Männer dem russischen Militär verpflichtet haben.