Bei strahlendem Sonnenschein begann in Moskau die traditionelle Militärparade zum Tag des Sieges. Der 9. Mai ist einer der wichtigsten Feiertage für Kreml-Chef Wladimir Putin. Mit einer pompösen Militärparade am Roten Platz wollte er ein starkes Russland zeigen und vor allem vom Angriffskrieg gegen die Ukraine ablenken.
Doch dieses Jahr könnte sich das angegriffene Nachbarland selbst zur Party eingeladen haben. Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, General Kyrylo Budanow, deutete auf seine Weise an, dass die Russen "Ohrstöpsel mitbringen" sollten.
Nun, das könnte nur seine Art sein, die Russen einzuschüchtern. Schließlich ist das Teil von Budanows Job. Dennoch kann man es auch klar als Drohung interpretieren, die Ukraine könnte Putins Protz-Parade am 9. Mai stören.
Putin bereitete sich auf alles vor – das zeigten die massiven Schutzmaßnahmen, die Russland dieses Jahr auffuhr.
Bereits in den Tagen vor der diesjährigen Parade auf dem Roten Platz hatten mehrere ukrainische Drohnenangriffe zu Luftraumsperrungen auf allen vier Moskauer Flughäfen geführt und die Unruhe in der russischen Hauptstadt verstärkt.
Laut dem Ukraine-Experten Igor Sushko war das Zentrum Moskaus komplett abgeriegelt. Er teilte dazu ein Video auf der Plattform X. Ein Polizeiauto fuhr mit Blaulicht über eine breite, leere Straße. Kein anderes Fahrzeug war weit und breit zu sehen, kaum Passant:innen.
Sushko zufolge wurde in Vorbereitung der Militärparade der "Gartenring" im Zentrum Moskaus mit einem Radius von 2,5 Kilometern vollständig abgeriegelt. Ohne Genehmigung sei das Betreten und Verlassen nicht gestattet gewesen.
Aber nicht nur Moskau wurde lahmgelegt, auch das Internet.
Medienberichten zufolge kündigte Russland an, dass es den Internetzugang für Teile seiner Bevölkerung während der Feierlichkeiten zum 9. Mai kappen werde.
Ein ukrainischer Militärblogger ging auf X davon aus, dass der Kreml im gesamten europäischen Teil Russlands das Internet abschaltet. Dabei berief er sich auf russische Medien. "Die Kommunikationssperre wird für 60 Prozent des Landes gelten, das ist ein beispielloser Fall in der Geschichte der Russischen Föderation", hieß es in einem Bericht.
Doch wie wahrscheinlich war ein Angriff der Ukraine am Ende wirklich?
Laut Militärexperte Mick Ryan hat die Ukraine mehrfach bewiesen, dass sie die russische Luftverteidigung durchdringen und ihre Drohnen nach Moskau bringen kann.
Allerdings haben die Russen in den vergangenen Jahren dazugelernt und sich angepasst. "Sie haben ihre Luft-, Raketen- und Drohnenabwehr regelmäßig weiterentwickelt. Es ist ein schwer zu durchdringendes Netz, aber wie die Ukrainer gezeigt haben, hat es Schwachstellen, die ausgenutzt werden können", schrieb er in seinem Bericht.
Auf alle Fälle sei Putins Parade ein legitimes Ziel, das beweist, dass Russlands Führer schwach ist, führte Ryan im Gespräch mit "Times Radio" aus. Die Ukraine hätten mit einem erfolgreichen Angriff Putin vor der Weltöffentlichkeit und vor seinen wenigen Verbündeten bloßgestellt.
Dazu kam es letztendlich aber wohl nicht. Am Mittag endete die Parade, ohne dass ein offensichtlicher ukrainischer Angriff vonstattenging. Stattdessen wurde es eine Selbstdarstellung ganz nach Putins Geschmack.
Als einziger Regierungschef eines EU- und Nato-Landes war der Slowake Robert Fico in Moskau. Ebenso war der serbische Staatschef Aleksandar Vučić angereist. Wichtigster Gast Putins war jedoch der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping.
Unter anderem waren auch der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und der kubanische Staatschef Miguel Díaz-Kanel dabei. Lula erhielt statt eines Händeschüttelns sogar eine Umarmung vom Kremlchef.
An der Parade in Moskau nahmen unter den rund 10.000 Teilnehmer:innen auch Soldaten verbündeter Staaten, wie Nordkorea und Myanmar, sowie russische Teilnehmer am Krieg gegen die Ukraine teil. Zu sehen waren traditionell Panzer, Flugabwehrsysteme und Raketensysteme. Dieses Mal präsentierte der Kreml laut dem "Spiegel" als Zeichen der rund laufenden Kriegswirtschaft aber modernere Waffensysteme als noch im vergangenen Jahr.
Für Aufsehen sorgte auch die Flugshow der russischen Kampfjets. Teile der Flieger-Staffeln wurden per Computer animiert und in die Übertragung im russischen Fernsehen eingefügt.
In Europa gilt der 8. Mai als Ende des Zweiten Weltkriegs. Die zweite Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde der Wehrmacht, dieses Mal auch vor Vertretern Moskaus, zog sich bis in die Nacht zum 9. Mai hinein, so dass dieser Tag in der Sowjetunion als Tag des Sieges gefeiert und später von den meisten Nachfolgestaaten übernommen wurde.
(Mit Material der dpa)